Code Européen Droit et Religions. Tome Ier: U.E. - Les Pays de la Méditerranée

Sous la direction de Salvatore Berlingò. Avec la collaboration de Giuseppe Casuscelli et Alexis Pauly. Milano - Dott. A. Giuffrè Editore, 2001. L. 100.000. Euro 51,65. 653 Seiten. ISBN 88-14-08598-6.

Das European Consortium for Church and State Research gibt nicht nur das "European Journal for State and Church Research/Revue Européene des Relations Églises - État", das einmal im Jahr erscheint, und die Sammelbände der jährlichen Kolloquien heraus, sondern hat mit dem hier zu besprechenden 1. Band einen dreibändigen Code Europenne Droit et Religions in Angriff genommen. Der weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannte italienische Staatskirchenrechtler und Kanonist Salvatore Berlingò hat die Leitung dieser Arbeit und die Herausgeberschaft übernommen. Das Werk ist auf drei Bände hin ausgelegt: die Länder des Mittelmeerraumes (1. Band), die Länder deutscher Zunge und die Beneluxstaaten (2. Band) sowie die nordeuropäischen Länder und die britannischen Inseln (3. Band). Der 1. Band ist nunmehr in diesem Jahr erschienen. Er umfasst zwei Teile: die Europäische Union und die Mittelmeerstaaten.

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Im ersten Teil, der den derzeitigen Kompetenzen der Europäischen Union entsprechend noch relativ kurz ist, werden aus den vertraglichen Rechtsquellen die die Beziehungen von Kirchen und Staat betreffenden Bestimmungen in der jeweils geltenden Fassung abgedruckt: aus dem Vertrag von Rom Art. 13, aus dem Vertrag von Maastricht Art. 6 und aus dem Amsterdamer Vertrag die "Amsterdamer Klausel" (Nr. 11). Auch die entsprechenden Bestimmungen aus der Europäischen Konvention für Menschenrechte, die Artt. 2, 8 - 14, 17 und 18 sind abgedruckt, weil Art. 6 Abs. 2 des früher zitierten Maastrichter Vertrages in der Fassung des Amsterdamer Vertrages auf sie verweist. Es folgen die Entscheidungen des Rates der europäischen Gemeinschaft, soweit sie die Kirchen und die Religionsgemeinschaften sowie die Kirchenglieder betreffen, danach die Direktiven und Richtlinien.

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Im zweiten Teil folgen die Mittelmeerländer und zwar Spanien, Griechenland, Italien und Portugal. Portugal ist zwar, wie Berlingò im Vorwort bemerkt, ein "atlantisches" Land, ist aber im Verhältnis von Kirchen und Staat in seiner Struktur durchaus den mediterranen Ländern ähnlich, bzw. es wurde in diesen 1. Band aufgenommen, weil "die Legende will, daß Odysseus, der mediterrane Heros par excellence, Lissabon (Ulissipona) gegründet hat und weil der Mittelmeerraum [la Méditerranée], nach Braudel, in erster Linie ein Raum der Seele (lieu de l´âme), erst in zweiter Linie ein geographischer Raum ist." (ebanfalls Vorwort des Herausgebers). Weniger poetisch ist es, Frankreich unter die Mittelmeerländer einzureihen. Schließlich liegt Frankreich auch am Mittelmehr. Wohin sollte auch die Provence, neben Italien für uns Menschen deutscher Zunge das klassische Land am Mittelmeer, anderes gehören? Da macht es dann wirklich keinen Unterschied, daß Frankreich das nun schon klassische Trennungsland ist. Dass dadurch Elsass-Lothringen - und das dortige dem deutschen System sehr nahe stehende Lokalrecht, ein "System der Kooperation von Kirchen und Staat, aber: ohne Kirchensteuer" - unter den Mittelmeerländern aufscheint, bringt uns Badenern und Würtembergern den geliebten Süden näher.

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Innerhalb der einzelnen Staaten sind jeweils die wichtigsten Normen verfassungsrechtlicher, vertraglicher und einfachgesetzlicher Natur publiziert. Die innere Gliederung ist aber auch sachlicher Natur. So beginnt das Kapitel Spanien mit den einschlägigen Bestimmungen aus der spanische Verfassung (I), setzt aber inhaltlich mit Bestimmungen über die Religionsfreiheit fort (II), diese wieder inhaltlich und nach Normenkomplexen unterteilt in: Organische Gesetze und Durchführungsgesetze (A.); Religiöse Gemeinschaften (Organisationens Religieuses) (B); Anstaltsseelsorge (C) legistisch gegliedert in Gesetze, die die Soldaten und die Militärseelsorge, die Krankenanstaltenseelsorge (hier gibt es z. B. auch zwei vertragliche Normen mit der Katholischen Kirche): Gefangenenseelsorge und Schulseelsorge; Rechtsstellung der Religionsdiener (D.), Kirchenfinanzierung und Steuerwesen (E.), Gewissenseinwände (F.), Unterricht (G.) und Eherecht (H). Es folgen als dritter Bereich die Vereinbarungen mit den religiösen Gemeinschaften (III), gegliedert nach Katholischer Kirche (A.) und anderen Konfessionen (B.). Hier sei insbesondere darauf hingewiesen, dass es in Spanien eine Vereinbarung zwischen dem Justizministerium und der "Islamischen Kommission Spaniens" über die Kooperation gibt. Das dazu erlassene Gesetz Nr. 26 vom 10.11.1992 ist auf den Seiten 142 ff. abgedruckt.

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Frankreich ist gegliedert in ganz Frankreich betreffende Normen (I.)- sie betreffen auch Elsaß-Lothringen. - und jene Normen, die nur das "Trennungs-Frankreich" (régime général de la France) (II.) bzw. nur das Lokalrecht von Elsass-Lothringen (droit local Alsacien-Mosellan) (III.) betreffen. Damit sind die zwei französischen Bereiche, nämlich der Bereich des Trennungssystems und der Bereich des Koordinationssystems, gekennzeichnet. Darüber stehen als Verfassungstexte Art. 10 der Europäischen Konvention für Menschenrechte, die Präambel der Verfassung von 1946 und die Präambel und Art. 2 der Verfassung von 1958. Als einfachgesetzliche Texte Auszüge aus dem Code civil, dem Code pénal, dem Code du travail, dem Code général des impôts u. a. Die Bestimmungen für das Trennungs-Frankreich beginnen mit dem Trennungsgesetz von 1905 und sind dann nach Rechtsmaterien gegliedert: Schulrecht mit einem historischen Exkurs, Anstaltsseelsorge, Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen, Friedhöfe, Kirchenfinanzierung und Sozialversicherung des Klerus, Das System in Elsass-Lothringen ist vor allem durch die anerkannten Kulte gekennzeichnet. Ähnlich wie in Östereich gibt es Vorschriften, die alle anerkannten Kulte betreffen und solche für die einzelnen: die Katholische Kirche, die Protestantischen Kirchen und die Israelitischen Gemeinden. Nicht aufgenommen wurden die Bestimmungen über die überseeischen Gebiete.

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Griechenland beginnt mit der Verfassung von 1975, setzt mit Auszügen aus dem Zivil-, Straf- und Prozesscodex fort und behandelt dann die Religionsfreiheit. Dann folgt der Rechtskomplex der die Orthodoxe Kirche betreffenden Vorschriften. Ein eigenes Kapitel ist dem Mönchsstaat vom Berge Athos gewidmet. Dazu gehören auch internationale Vereinbarungen wie der Friedensvertrag von Paris 1856 und der Vertrag von San Stefano von 1878 sowie Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, die den Staat am Berge Athos betreffen.

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Der Abschnitt über Italien beginnt mit Auszügen aus der Verfassung und setzt mit den einschlägigen Bestimmungen aus den staatlichen Gesetzbüchern fort. Es folgen die für Religionsgemeinschaften allgemein geltenden Normen, z. B. das Gesetz vom 24. Juni 1929, n. 1159 über die Ausübung anerkannter Kulte und die religiöse Eheschließung, die in Italien staatlich anerkannt ist. Gefolgt vom Konkordat 1929 und den Verträgen mit der katholischen Kirche (es werden die jeweiligen Gesetze und Dekrete des Präsidenten der Republik abgedruckt, mit denen das Konkordat und die Vertäge in die staatliche Rechtsordnung transformiert worden sind) und den Vereinbarungen (intese) des Itelienischen Staates bzw. der Italienischen Regierung mit weiteren sieben Konfessionen: den Waldensern (zwei Intese), den Adventisten (zwei intese), den Assemblee di Dio, der Union der Jüdischen Gemeinden (drei intese), den Baptisten und der Italienisch-Lutherischen Kirche.

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Die Zusammenstellung der Normen Portugals beginnt ebenfalls mit den Auszügen aus der Verfassung und setzt mit dem Bereich Religionsfreiheit fort, gegliedert in allgemeine Normen zur Religionsfreiheit, Unterricht, Anstaltsseelsorge, Berücksichtigung von Gewissensentscheiden und die Religionsdiener betreffenden Vorschriften. Die Sammlung endet mit den Vereinbarungen mit der Katholischen Kirche: dem Konkordat vom 7. Mai 1940, einem Accord Missionaire und einem Dekret sowie einem Zusatzprotokoll von 1975 zum Konkordat Portugal kennt, wie Östereich, keine Vereinbarungen mit anderen Kirchen als der Katholischen Kirche.

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Das Werk ist unter Mitwirkung von Giuseppe Casuscelli und Alexis Pauly entstanden. Zu den einzelnen Ländern haben weitere Fachleute ihr Wissen beigetragen: Für Spanien waren es Andrés-Corsino Álvarez Cortina und María José Villa Robledo, für Frankreich Brigitte Basdevant-Gaudemet und Francis Messner, für Griechenland Grigorios Papathomas, für Italien Sara Domianello, Romeo Astorri und Edoardo Dieni und für Portugal José de Sousa e Brito.

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Als Sprache wurde Französisch gewählt, weil sie in den mediterranen Ländern am leichtesten verständlich ist. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass, wie im Vorwort zu lesen ist, Band II und III auch in anderen Sprachen abgefasst sein können. Ich erlaube mir die Bemerkung, dass am Lehrstuhl für Kirchenrecht in Tübingen der I. Teil über die Gesetze der Europäischen Union in deutscher Übersetzung zusammengestellt wurde und auch eingesehen oder angefordert werden kann. Das Werk ist durch ein kurzes Inhaltsverzeichnis auf den Seiten IX-XI und eine ausführliche Darstellung des Inhaltes auf den Seiten 637-653 gut erschlossen, so dass man die einzelnen Gesetze, wenn man weiß, wo sie eingeordnet sein müssen, relativ rasch findet. Nützlich wäre sicher ein Sachindex.

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Wie der Herausgeber im Vorwort schreibt, ist das Werk an verschiedene Adressaten gerichtet: an die Verantwortlichen in Kirche und Staat, an die Wissenschaftler und Studenten in den Universitäten, an die Gläubigen der verschiedenen Religionen, aber auch an die Freidenker, an die Bürger, die ihre Rechte und Pflichten kennen lernen wollen, sowie an die Spezialisten des Rechts, seien es die Gesetzgeber, die Richter oder die Verwaltungsbeamten.

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In diesem Sinne des Herausgebers ist das Buch auch jedem der oben Genannten zu empfehlen und darf in keiner einschlägigen Bibliothek fehlen. Zu bedenken wäre noch, ob man nicht eine Übersetzung in die deutsche Sprache in Erwägung ziehen sollte. Der Codex ist ein wahrer Meilenstein zur Vermittlung des Verständnisses der die Kirchen, Religions- und Weltanschaungsgemeinschaften betreffenden rechtlichen Regeln der Europäischen Union und der genannten Staaten. Ein großer Schritt auf dem Weg zu einem auf der Religionsfreiheit fußenden Verhältnis von Staat und Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in der Europäischen Union. Er wird in der Lage sein, die weitere Entwicklung dieses Verhältnisses in der europäischen Staatenunion zu mehr Rechtseinheit zu fördern. Die kulturelle und religionsrechtliche Vielfalt im Sinne der Amsterdamer Klausel wird gleichzeitig dort gefestigt, wo sie notwendig ist. Nicht zuletzt wird die sichere und geschickte Auswahl der Rechtstexte auch aus den zivilen, strafrechtlichen und prozessualen Codices/Gesetzbüchern, die über das traditionelle Staatkirchenrecht weit hinausgeht, die schon im Gange befindliche religions-rechtsvergleichende Forschung weiter befördern. Dem Herausgeber und seinem Team sei dafür Dank ausgesprochen.

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Richard Puza