Laien als Priester?

Das göttliche Recht, das amtliche und das gemeinsame Priestertum

Von Peter Kistner

 

Inhalt

  1. Begriffe
    1. Das amtliche und das gemeinsame Priestertum
    2. Die Kirchenverfassung
    3. Das göttliche Recht
    4. Methodische Postulate dieser Begrifflichkeit
  2. Das Neue Testament und drei wenig bekannte Aussagen
  3. Die Reaktion des Kirchenrechts
  4. Alternative Modelle des Priestertums nach dem göttlichen Recht
    1. Theorien des amtlichen Priestertums
    2. Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen
  5. Die kirchliche Handlungspflicht unter den Zeichen der Zeit
  6. Laien als Priester
    1. Seelsorgevoraussetzungen - Seelsorgehindernisse
    2. Seelsorgegebote und Seelsorgeansprüche
    3. Formen priesterlicher Seelsorge
 

 

Die Kirchenkrise gebietet, die Rechenschaftspflicht des Glaubens und ihre Erfüllung zu überdenken. Dabei stellt sich auch die Frage einer zeitgemäßen Aufgabenteilung zwischen dem Kirchenamt und den Gläubigen. Das Neue Testament, Rechtsquelle des maßgebenden göttlichen Rechts, öffnet dem gemeinsamen Priestertum der Gläubigen weite Handlungsfelder der Kirchenleitung, der Verkündigung und des sakramentalen Diensts. Die Bibelwissenschaft zeigt sie auf; die systematische Theologie bedenkt sie; die römische Kirchenleitung verhindert freilich bisher neue Entwicklungen. Hier soll mit Blick auf das Wesen des amtlichen und des gemeinsamen Priestertums ein Eindruck des Freiraums vermittelt werden, den das göttliche Recht der Kirche dafür gibt.

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1. Begriffe

 

Das amtliche Priestertum der kirchlichen Amtsträger und das gemeinsame Priestertum der Gläubigen werden als Elemente der heute geltenden Kirchenverfassung vom CIC geregelt: das amtliche breit und zentral, das gemeinsame eng und marginal. Zugleich sind die beiden Formen des Priestertums, da von Jesus Christus gestiftet, bestimmende Elemente der Offenbarung und des auf der Offenbarung beruhenden göttlichen Rechts. Dieser Zusammenhang bestimmt auch ihr Verhältnis zueinander.

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Das amtliche und das gemeinsame Priestertum

 

Priestertum ist allen Gläubigen, den Inhabern eines priesterlichen Kirchenamts und den nicht ordinierten Gläubigen, von Jesus Christus durch Sendung (Apostole) aufgetragen: Allen Gläubigen (unter Einschluss der Amtsträger) als gemeinsames Priestertum, den kirchlichen Amtsträgern (den ordinierten Priestern) darüber hinaus auch als amtliches Priestertum (LG 10, 1). Die Sendung der Gläubigen zum Priestertum ist personell und sachlich universal. Das bedeutet personell, dass alle Gläubigen zur Mitarbeit am Aufbau der Kirche berufen sind (und nicht nur die kirchlichen Amtsträger). Sachlich bedeutet die Universalität der Sendung, dass es keinen Lebensbereich und keine kirchliche Aufgabe gibt, die von diesem allen Gläubigen aufgetragenen Sendungsauftrag ausgenommen wäre: Denn alle Gläubigen - Amtsträger und nicht ordinierte Gläubige - sind zur Mitwirkung an allen drei Ämtern Christi (dem königlichen Hirtenamt der Kirchenleitung, dem prophetischen Amt der Verkündigung und dem priesterlichen Amt der Heiligung) aufgerufen. Der Sendungsauftrag ist jedem Gläubigen von Jesus Christus unmittelbar ("gottes-unmittelbar") erteilt; weder ist der Auftrag der Gläubigen vermittelt durch das kirchliche Amt, noch ist der Auftrag des kirchlichen Amts vermittelt durch das gemeinsame Priestertum der Gläubigen1.

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Das amtliche und das gemeinsame Priestertum unterscheiden sich aber wesenhaft. Zugleich sind sie wesenhaft aufeinander bezogen: Das gemeinsame Priestertum aller ist gewissermaßen der eschatologische Zielwert der Kirche, während das amtliche Priestertum ein ihm dienender instrumenteller Dienstwert ist. Der Unterschied zwischen beiden Formen des Priestertums ist kein sachlicher, durch unterschiedliche sachliche Zuständigkeiten begründeter, sondern ein modaler: Sie nehmen am Priestertum Christi "je auf besondere Weise" teil (suo peculiari modo, LG 10, 1). Eine Definition dieses Wesens und des wesenhaften Bezugs steht freilich bis heute aus: Denn weder hat sich das Zweite Vatikanum dazu in der Lage gesehen (es hat die Begriffe in die Theologie eingeführt und beispielhaft erläutert, aber nicht definiert), noch hat der theologische Diskurs diese Aufgabe bis heute gemeistert.

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Die Kirchenverfassung

 

Die Kirchenverfassung (im materiellen Sinn) fasst die Ämterstruktur der Kirche einerseits und die rechtliche Stellung der Gläubigen andererseits zusammen. Sie ist geregelt in der Büchern I und II des CIC, ergänzt durch die in den Büchern III und IV getroffene Zuständigkeitsverteilung zwischen dem amtlichen und dem gemeinsamen Priestertum und durch eine Reihe anderer Gesetze (zum Beispiel das Dekret "Pastor bonus" über die Organisation und die Aufgaben der römischen Kurie). Mit dem Erlass dieses komplexen Gesetzgebungswerks beansprucht und praktiziert die Kirche das Recht, das auf der Sendung Jesu Christi beruhende amtliche und gemeinsame Priestertum zu ordnen und zu regeln. Zugleich wird damit gesagt, dass die Begriffe des amtlichen und des gemeinsamen Priestertums Rechtsbegriffe und dass die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen Rechtsbeziehungen sind. Diese beiden Feststellungen unterstreichen auf der einen Seite die kirchenrechtliche, kanonistische Kompetenz für die Regelung des amtlichen und des gemeinsamen Priestertums; sie verweisen aber auch auf Abhängigkeiten, in denen sich das Kirchenrecht bei der Regelung solcher Fragen befindet: nämlich auf die doppelte Abhängigkeit von anderen theologischen Disziplinen, die sich damit gleichfalls beschäftigen (zum Beispiel von der Ekklesiologie) und von den normativen Vorgaben des göttlichen Rechts und seiner Rechtsquelle, des Neuen Testaments, damit aber auch von der biblischen Exegese.

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Das göttliche Recht

 

Das göttliche Recht ist vorpositives Recht - und umgekehrt; Denn es gibt nur den Rechtsgrund des (Heils-) Willens Gottes. Dieser ist unbedingt verbindlich (normativ). Er findet seinen Ausdruck in der Schöpfungsordnung und in der Offenbarung; diese sind die Rechtsquellen des göttlichen Rechts (ius divinum sive naturale sive positivum2). Nach ihrem Gegenstand ist das Naturrecht für die Thematik der Kirchenverfassung (und damit für das amtliche und das gemeinsame Priestertum) praktisch irrelevant, das Neue Testament als Offenbarungs- und Rechtsquelle dagegen hochrelevant.

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Methodische Postulate dieser Begrifflichkeit

 

Wichtig für die Erschließung des amtlichen und des gemeinsamen Priestertums sind - vor vielem anderen - drei methodische Forderungen:

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  • Interdisziplinäre Synergie von biblischer Exegese, Ekklesiologie und Kanonistik unter Arbeitsteilung entsprechend den spezifischen Kompetenzen dieser Disziplinen.

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  • Beachtung der Glaubenskompetenz und der fachwissenschaftlichen Kompetenz (eindeutige Glaubensvorgaben an die Fachwissenschaften auf der einen und fachwissenschaftliche Verantwortung der theologischen Disziplinen für die Erarbeitung vorgabengerechter Fachergebnisse auf der andern Seite).

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  • Hermeneutischer Quellenzugang und hermeneutische Quellenverwertung (unter Unterscheidung der unwandelbaren und unverfügbaren Wahrheit und ihres wandelbaren, verfügbaren situativen, besonders ihres geschichtlichen Kontexts). Verbot der Reprojektion traditioneller oder gegenwärtiger Kontexte in ältere Texte3.

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2. Das Neue Testament und drei wenig bekannte Aussagen

 

Etwa seit 1950 hat eine wissenschaftliche Neuorientierung der katholischen Bibelexegese stattgefunden: Durch Rezeption der historisch-kritischen Methode und unter Annäherung bis zu weitgehender Übereinstimmung mit der Bibelinterpretation der protestantischen Exegeten durch Autoren wie Vögtle, Klauck, Schnackenburg, Mußner, Brox, Theobald und andere. Diese wissenschaftliche Renaissance der katholischen Exegese hat zur Neuinterpretation von drei ekklesiologisch bedeutsamen Aussagen des Neuen Testaments geführt:

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Die geteilte Rechtsvollmacht: Während die traditionelle katholische Bibelwissenschaft eine göttlich erteilte Rechtsvollmacht (Exousia) lediglich dem Kirchenamt zuerkannt hat, wird nach der Meinung der meisten heute forschenden und lehrenden katholischen Exegeten neben der Amtsvollmacht des Bindens und Lösens auch eine Gesamtvollmacht der Gemeinde anerkannt. Bekanntlich ist die Amtsvollmacht in singulärer Form dem Petrus nach Mt 16, 19 und in pluraler Form den Aposteln nach Mt 18, 18 und Joh 20, 23 als Einzelvollmacht eines jeden Amtsinhabers übertragen worden. Mit Rücksicht auf Wortlaut, Inhalt und Kontext von Mt. 18, 18 wird heute auch eine Gemeindevollmacht anerkannt, die den Gläubigen als Gesamtvollmacht zur gemeinsamen Ausübung übertragen ist. Ihre Ausübung durch die Gemeinde wird besonders durch die Apostelgeschichte bezeugt (Apg 1, 15ff. 23; 6, 1ff. 5; 11, 1ff. 18; 13, 1ff. 3; 15, 22) 4.

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Keine exklusive sakramentale Amtszuständigkeit: Das Neue Testament lässt die Frage offen, ob es über den modalen (funktionellen) Vorbehalt der besonderen amtspriesterlichen Rechtsvollmacht hinaus auch exklusive Sachaufgaben des amtlichen Priestertums gibt. Die traditionelle Lehrmeinung - etwa des Konzils von Trient - besagt, Jesus Christus habe zugleich mit der Einsetzung der Sakramente eine Zuständigkeitsentscheidung für das amtliche Priestertum getroffen, nämlich

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  • für die Firmung zufolge den narrativen Berichten der Apostelgeschichte Apg 8, 8-17; 19, 5 f.,

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  • für die Eucharistie durch den Anamnesisbefehl 1 Kor 11, 25; Lk 22, 19;

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  • für das Bußsakrament durch die Ermächtigung nach Joh 20, 23;

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  • für die Krankensalbung nach Jak 5, 14;

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  • für die Ordination gleichfalls durch den eucharistischen Anamnesisbefehl.

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Diese Auffassung wird heute auch von katholischen Exegeten so gut wie nicht mehr vertreten. Das Neue Testament schweigt zu dieser Frage5.

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Die kirchliche Organisationsfreiheit für das kirchliche Amt: Das Neue Testament enthält keinen Beleg dafür, dass die Funktionen des von Jesus Christus eingesetzten (gestuften: petrinischen und apostolischen) Kirchenamts ausschließlich in einer bestimmtem Organisationsform ausgeübt werden müssen, noch macht es andere Vorgaben für die Kirchenorganisation. So lassen die Pastoralbriefe die Gemeindeleitung sowohl durch den Apostel (2 Tim 1, 6) als auch durch ein Priesterkollegium zu, dem ehrenamtliche Presbyter "aus dem Laienstand" angehören können (1 Tim 4, 14) 6. Zur Frage der monarchialen Organisation des kirchlichen Dienstamts, die sich von der Mitte des zweiten Jahrhunderts an durchzusetzen beginnt (Ignatios von Antiochien), äußert sich das Neue Testament nicht verbindlich; es schweigt auch hierzu.

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3. Die Reaktion des Kirchenrechts

 

In einem nachneutestamentlichen, viele Jahrhunderte währenden Entwicklungsprozess hat die Kirche unter Ergänzung und Konkretisierung dieses neutestamentlichen Rahmens durch kirchliches (menschliches) Recht sich eine detaillierte positivrechtliche Kirchenverfassung gegeben: Die heute im CIC enthaltene Kirchenverfassung. Sie hat

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  • die geteilte Rechtsvollmacht des Neuen Testaments weitestgehend zurückgedrängt und zur hierarchischen Amtsvollmacht umgestaltet,

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  • die Zuständigkeitsfreiheit des Neuen Testaments für den sakramentalen Heiligungsdienst (die Sakramentenspendung) weitestgehend zu einer exklusiven Amtszuständigkeit ausgestaltet,

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  • die kirchliche Organisationsfreiheit des Neuen Testaments für das kirchliche Amt durch eine ausschließlich monarchische Organisation des Kirchenamts und der Kirche konkretisiert.

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Paradigmatisch für diesen Vorgang ist der Vorbehalt von Ämtern, zu deren Ausübung Weihegewalt und kirchliche Leitungsgewalt erforderlich ist, für Kleriker (c. 274 § 1 CIC). Insgesamt gibt der CIC der Kirche eine hierarchische und klerikale Struktur, die die kirchlichen Funktionen beim amtlichen Priestertum konzentriert und eine verantwortliche Mitwirkung des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen praktisch ausschließt.

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Trotzdem ist die Kirchenverfassung des CIC legitim und verbindlich. Sie verletzt trotz ihrer Einseitigkeit göttliches Recht nicht (oder nur ausnahmsweise) und wird auch formal durch die Vollmacht nach Mt 18, 18 abgedeckt. Legitim ist auch ihr Erlass durch den Papst: Denn das göttliche Recht bestimmt keinen kirchlichen Verfassungsgeber, sondern akzeptiert den, der auf Grund allgemeiner Vollmacht gehandelt hat und von den anderen denkbaren Vollmachtträgern (den Bischöfen, der Gemeinde) akzeptiert wird. Heute ist die verfassungsgebende Gewalt zwar nicht göttlich-rechtlich, aber kirchenrechtlich geregelt: Sie ist Teil der päpstlichen plena potestas nach c. 331 CIC.

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Problematisch erscheint mir der Bedeutungswandel, dem diese kirchenrechtliche Entwicklung die Ordination unterwirft: Nach dem Neuen Testament ( 1 Tim 4, 14; 2 Tim 1, 6) wird der Weihekandidat zum Gemeindevorsteher ordiniert und bevollmächtigt, während die Sakramentenspendung (der Eucharistievorsitz) keiner Vollmacht bedarf und unerwähnt bleibt. Durch die dargestellte kirchenrechtliche Entwicklung wird die Ordination aber umgedeutet zu einer sazerdotalen Übertragung von Weihegewalt (der sogenannten Wandlungs- und Absolutionsvollmacht), während die Funktion der Kirchenleitung zum Teil völlig in den Hintergrund tritt: So das Konzil von Florenz 1439, DH 1326; nicht ganz so weitgehend das Konzil von Trient 1563, DH 1764 und 1776. Der CIC korrigiert diese Abweichungen vom göttlichen Recht insofern, als er die Weihe auf alle drei munera Christi hinordnet (c. 1008 CIC), wenigstens zum Teil.

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4. Alternative Modelle des Priestertums nach dem göttlichen Recht

 

Durch seinen Ursprung in der Offenbarung (im Neuen Testament) besitzt das göttliche Recht als übergeordnetes vorpositives Recht gegenüber dem kirchlichen eine Korrekturfunktion (der Legitimierung, der Normierung und der Limitierung7). Das kirchlich-rechtliche CIC-Modell des Priestertums widerspricht dem göttlichen Recht nicht (im Ganzen, nur vereinzelt); es ist aber weder das allein mögliche noch das (in seiner Einseitigkeit) optimale Priestertumsmodell. Den ganzen Freiraum des göttlichen Rechts für auch alternative Priestertumsmodelle öffnet nur die Frage, was das göttliche Recht - das Neue Testament - über das Priestertum sagt. Die Frage ist identisch mit der im Zweiten Vatikanum offen gebliebenen Frage nach dem Wesen des amtlichen und des gemeinsamen Priestertums.

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Theorien des amtlichen Priestertums

 

Es gibt eine Reihe von Amtstheorien: Maßgeblich sind sie nur, wenn sie auf dem Boden des Neuen Testaments stehen. Das lässt sich weder von der sazerdotalen Theorie der Konzilien von Florenz (1439, besonders DH 1326) und von Trient (1563, besonders DH 1764) sagen: sie bezieht sich auf eine vermeintlich exklusive Zuständigkeit des Kirchenamts, die von der Tradition geglaubt, aber vom Neuen Testament nicht gelehrt wird; noch gilt es für die im nachsynodalen Schreiben "Christifideles laici" (1988, besonders DH 4858) vertretene Ordinationstheorie: sie installiert den Zirkelschluss, dass amtliche Funktionen die Ordination erforderlich machen, während die Ordination die Amtlichkeit der Funktion bestimmt. Nahe an der Wahrheit stehen die Theorien des amtlichen Priestertums, die es als repraesentatio Christi capits definieren und als (normative) Kirchen- und Gemeindeleitung verstehen, ohne freilich die traditionellen exklusiven amtlichen Verkündigungs- und Heiligungszuständigkeiten aufgeben zu wollen. Die Brücken, die sie von der normativen Kirchenleitung dorthin bauen, sind aber nicht tragfähig: Weder Karl Rahners Bemühen, nachneutestamentlich neues irreversibles göttliches Recht entstehen zu lassen8; noch Joseph Ratzingers Versuch, außerneutestamentlich ein apostolisches göttliches Traditionsrecht zu begründen9; noch Walter Kaspers Gedankenspiel mit einem hinreichend weiten Repräsentationsbegriff10. Wird nicht, wenn man diese Brücken betritt, auch die Grenze überschritten, die sicher stellen soll, dass die Offenbarung Jesu Christi das Kriterium des Glaubens ist und nicht umgekehrt ein subjektiver Glaube zum Kriterium der Offenbarung Jesu Christi gemacht wird? Letztlich scheint mir nur eine normative Amtstheorie begründbar, die das Wesen des Priesteramts auf seine normative Leitungsfunktion konzentriert. Dafür gibt es - scheint mir - drei biblische Argumente: Ein negatives Argument: für den Verkündigungs- und den Heiligungsdienst kennt das Neue Testament keine einschränkenden Zuständigkeitsvorschriften11; sodann ein ein positives Argument: nach dem Zeugnis der Pastoralbriefe werden die Apostelnachfolger zu Gemeindevorstehern ordiniert; schließlich ein biblisch-semantisches Argument: nach dem biblischen Sprachgebrauch ist das von Jesus gestiftete Kirchenamt Vollmacht und Aufgabe, normativ verbindlich zu sprechen und zu handeln12.

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Das schließt drei Dinge nicht aus: Zum einen, dass die Amtsträger - und nur sie - auch im Verkündigungs- und im Heiligungsdienst alles verrichten, was normativ verrichtet werden muss; zum andern, dass die Amtsträger darüber hinaus auch alle Dinge verrichten können, die nicht ordinierte Gläubige verrichten können; schließlich aber auch, dass die Kirche aus Gründen des kirchlichen Gemeinwohls auch solche Verrichtungen durch kirchliches Recht bei den ordinierten Amtsträgern konzentrieren kann, die das göttliche Recht den Gläubigen freigibt; davon hat der CIC reichlich Gebrauch gemacht.

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Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen

 

Das amtliche Priestertum ist als wesenhaft normative Instanz einfach und homogen. Dagegen ist das gemeinsame der Gläubigen komplex und vielfältig. Es umfasst mindestens drei Handlungskategorien:

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  • vollmachtfreies Handeln,

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  • partizipatives Handeln,

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  • außerkonstitutionelles Handeln.

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Zum vollmachtfreien Handeln der Gläubigen gehört nach göttlichem Recht - anders als nach dem CIC - die Spendung der Sakramente. Das bedeutet nicht, dass insoweit jeder Gläubige tun und lassen kann, was er will. Die Sakramente haben eine soziale Funktion im Dienst der Gottes- und mitmenschlichen Beziehungen. Deshalb kann nicht jeder sein eigener Priester sein, vielmehr ereignet sich das Sakrament in sakramentaler Gemeinschaft, die sich in der Regel nur mit Hilfe der Kirche herstellen lässt (die Ausnahme nach Karl Rahner ist die sakramentale Notzuständigkeit). Entscheidend ist jedoch, dass die Kirche nach göttlichem Recht jeden Gläubigen (und jede Gläubige) in der sakramentalen Gemeinschaft als Spender der Sakramente einsetzen kann, ohne ihn (oder sie) deshalb ordinieren zu müssen. Die Kirche genießt insoweit ein hohes Maß an Freiheit.

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Das nach göttlichem Recht dem gemeinsamen Priestertum ebenfalls zugeordnete partizipative und außerkonstitutionelle Handeln ist dagegen bevollmächtigtes Handeln auf Grund der schon vorgestellten Gemeindevollmacht nach Mt 18. 18; beide Kategorien brauchen hier nicht vertieft zu werden, weil sie nicht den hier interessierenden Themenbereich der priesterlichen Seelsorge betreffen, sondern die Mitwirkung der Gläubigen an der Kirchenleitung. Deshalb müssen Stichworte genügen:

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  • Partizipation ist gemeinsame Ausübung von Kirchenleitung durch das Gottesvolk (oder Beteiligung daran); sie ist möglich, weil Jesus Christus das dazu berufene Kirchenamt als Funktion - als Dienst - eingesetzt, aber offen gelassen hat, ob dieser Dienst monarchisch, oligarchisch oder demokratisch organisiert werden soll.

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  • Außerkonstitutionell handeln die Gläubigen zum einen bei der Entstehung von Gewohnheitsrecht.

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  • Außerkonstitutionell sind zum andern korrigierende Eingriffe der Gläubigen (der Laien) bei völligem Versagen des kirchlichen Amts. Das Konzil von Konstanz ist ein derartiger geschichtlicher - legitimer, vom göttlichen Recht ermächtigter - Eingriff13.

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Es gibt nach göttlichem Recht danach das amtliche Priestertum des Kirchenamts und seine normative Aufgabe, kirchenleitend den Menschen den verpflichtenden Heilswillen Gottes nahezubringen und dafür ihren Gehorsam zu beanspruchen; daneben das komplexe, vielgestaltige gemeinsame Priestertum der Gläubigen, das in Freiheit die Beziehungseinheit des Gottesreichs realisiert, indem es vollmachtfrei Handlungen des Verkündigungs- und des Heiligungsdienstes vornimmt und mit göttlicher Vollmacht partizipierend oder korrigierend am kirchlichen Leben teilnimmt. Die Kirche ist eben kein monistisches Gebilde, sondern sie lebt in der Polarität zwischen dem Amt und der Gemeinschaft, zwischen Pflicht und Freiheit.

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5. Die kirchliche Handlungspflicht unter den Zeichen der Zeit

 

Bisher war die Rede von Handlungsmöglichkeiten, die das göttliche Recht der Kirche einräumt: Also von ihrem Freiraum für Reformen, für alternative Lösungen und Ge-stalten. Mindestens ebenso spannend ist aber auch die Frage nach einer Handlungspflicht der Kirche, die ihr das göttliche Recht auferlegt. Denn das göttliche Recht hat der Kirche - siehe oben - keine monistische, nur amtsbestimmte Struktur gegeben, sondern eine polare, die das Amt und die Gemeinde (das amtliche und das gemeinsame Priestertum) in eine gegenseitige normative (und hoffentlich lebendige und nicht tote) Beziehung stellt. Ausdruck dieser Polarität ist das Subsidiaritätsprinzip: Nach ihm darf das Große und Ganze mit seiner amtlichen Gestaltungskraft nicht tun, was das Kleine in seiner Freiheit selbst zuwege bringt. Dieses Prinzip ist wahrscheinlich der einzige, jedenfalls der wichtigste Beitrag, den katholisches Denken in den Jahrhunderten seit der Reformation der Welt gegeben hat. Dieses Prinzip gilt freilich nicht nur für die Welt, sondern auch für die Kirche selbst (auch wenn sich die römische Kurie beharrlich dagegen sträubt). Es ist verständlich, dass dieses im Neuen Testament grundgelegte und dem göttlichen Recht zugehörige Prinzip vieles, was wir bisher als kirchlichen Handlungsspielraum gesehen haben, zu einer Handlungspflicht der Kirche erhebt. Vereinfacht gesagt: Die Kirche darf nicht nur, sie muss immer auch die Handlungsformen suchen und finden, die sie - unter den Zeichen ihrer Zeit - in Stand setzen, das kirchliche Gemeinwohl zu realisieren : Das ist das Heil der Seelen, die Wahrheit des Glaubens und die Einheit in der Wahrheit14.

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6. Laien als Priester

 

Seelsorgevoraussetzungen - Seelsorgehindernisse

 

Es gibt in der katholischen Kirche drei besondere Seelsorgevoraussetzungen: Den Zölibat (c. 277 § 1 CIC), das männliche Geschlecht (c. 2024 CIC) und die Ordination (c. 247 § 1 CIC). Jede dieser Seelsorgevoraussetzungen ist bis heute ein Seelsorgehindernis geworden und droht, diese Behinderung in der Zukunft noch empfindlich zu verschärfen. Nach dem göttlichen Recht ist indes keine dieser behindernden Voraussetzungen zwingend: Sie dienen heute vorwiegend der Erhaltung einer klerikalen Standesstruktur und tragen zum eschatologischen Kirchenziel des Heils der Seelen unter den Lebensbedingungen der postmodernen Gesellschaft wahrscheinlich nur noch wenig bei.

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Ich möchte die drei genannten Seelsorgevoraussetzungen und ihre behindernden Wirkungen als bekannt voraussetzen. Deshalb ein Wort nur zu ihrer Bewertung nach dem göttlichen Recht:

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Der Zölibat ist kein biblisches Thema und dem göttlichen Recht unbekannt. Die biblische Ehelosigkeit um des Himmelreichs willen (Mt 19,12; 1 Kor 7, 7) ist weder verpflichtend, noch steht sie in einem Bezug zum kirchlichen Amt. Verpflichtend gemacht hat den Zölibat erst das Erste Laterankonzil (1123, DH 711) und das Konzil von Trient (1563, DH 1809).

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Ob es nur männliche Apostel gegeben hat, ist mindestens umstritten (Röm 16, 7). Die Behauptung der Glaubenskongregation in der Erklärung "Inter insigniores" von 1976, dass Christus keine Frau unter die Apostel aufgenommen habe, sei nicht nachweislich aus Rücksicht auf zeitbedingte soziokulturelle Verhältnisse geschehen, sondern bleibend von ihm gewollt (DH 4592, 4597), widerspricht dem Neuen Testament: Denn was Jesus Christus offenbarend gewollt und gesagt hat, hat er öffentlich gesagt, und nichts hat er im Geheimen gesprochen (Joh 20, 21 f.). Danach ist eine vom Neuen Testament nicht bezeugte Weihevoraussetzung bestenfalls eine Konjektur. Das Wort "Mann" in c. 1024 CIC ist aber schon deshalb rechtswidrig und rechtsunwirksam, weil es sich über das göttlich-rechtliche Gebot der Gleichbehandlung beim Amtszugang hinwegsetzt15.

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Dass schließlich die Seelsorgevoraussetzung der Ordination zum Priester nicht göttlich-rechtlichen, sondern kirchenrechtlichen (c. 247 § 1 CIC) Charakters und damit verfügbar ist, wurde schon oben (Abschnitt 4) gesagt16.

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Seelsorgegebote und Seelsorgeansprüche

 

Den kirchenrechtlichen Seelsorgehindernissen stehen göttlich-rechtliche Seelsorgegebote und Seelsorgeansprüche gegenüber, nämlich der Missionsbefehl Jesu Christi nach Mt 28, 19 f. und der im göttliche Recht wurzelnde Anspruch der Gläubigen auf die geistlichen Güter der Kirche nach c. 213 CIC, besonders auf das Wort Gottes und auf die Sakramente.

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Der Missionsbefehl ist persönlich und sachlich universal: Er bezieht sich auf alle Völker und nicht nur auf die sonntäglichen Kirchgänger. In der Sache und für das Maß des Engagements enthält er keine Einschränkung. Er ist freilich abstrakt und ohne konkrete Festlegung.

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Über den Rechtsanspruch auf Seelsorge nach c. 213 CIC - der CIC hat ihn wörtlich aus LG 37, 1 übernommen - wird mindestens seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gestritten. Der Streit dauert an: Er schwelt gewissermaßen. Dabei hat er sich thematisch und in seinem Teilnehmerkreis ausgeweitet: Zuerst hat die Liturgiewissenschaft über einige Formfragen des priesterlosen Gottesdiensts gestritten. Danach haben die Pastoraltheologen die alternative Streitfrage aufgeworfen, ob man nur das sonntägliche Herrenmahl oder einen eigenen Priester für jede Pfarrei fordern müsse. Die Ordinariate sind dem mit der Planung großer Seelsorgeeinheiten begegnet. Mittlerweile ist auch dieser Streit eingegangen in den tiefen, meist sorgsam verborgenen kirchlichen Richtungsstreit zwischen Restauration und Erneuerung: Brauchen wir eine Restkirche mit einer traditionellen klerikalen Struktur, die sich als Keimzelle eines neuen Anfangs versteht, oder brauchen wir eine offene, auch für die Welt offene Kirche, die ihre Strukturfragen hintanstellt, um die Welt für Gott zu gewinnen? Ich meine, dass diese schmerzliche Grundsatzfrage, die uns heute bedrängt, die vor 30 Jahren gestellte Rechtsfrage nach dem Anspruch auf Seelsorgeleistungen überlagert und relativiert. Unser juristisches Handwerkszeug der subjektiven Rechte, des amtlichen Ermessens und der rechtlichen Ermessensgrenzen wird davon überfordert. Wir können der Grundsatzentscheidung nicht entgehen. Diese aber ist eine säkulare Entscheidung für die ganze Kirche. Sie wäre es wert, im Anschluss an die Aussagen des Zweiten Vatikanum von einem Neuen Konzil entschieden zu werden. Dafür besitzt die Kirche einen großen Freiraum17.

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Formen priesterlicher Seelsorge

 

Auf der Grundlage der streitigen Priesterdiskussion, dabei aber über sie hinausgehend, lassen sich drei typische Formen seelsorglichen Priestertums denken, die sich durch ihren Status und die Vorbedingungen ihres Priestertums, teils aber auch durch die ihnen nach dem göttlichen Recht möglichen priesterlichen Funktionen unterscheiden, nämlich

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  • der hauptberufliche ordinierte, zölibatäre, dem traditionellen Priesterbild entsprechende Priester,

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  • der ebenfalls hauptberufliche, dem Vorbild des Pastoralreferenten nachgebildete, also nicht notwendig zölibatär lebende, aber ordinierte Amts- und Pastoralpriester; ihm möchte ich die den gleichen Status einnehmende Amts- und Pastoralpriesterin gleichstellen;

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  • schließlich der nicht haupt-, sondern nebenberufliche, ehrenamtliche, nicht notwendig zölibatär lebende, nicht ordinierte, aber von der Kirche mit pastoralen Aufgaben, besonders mit der Spendung der Sakramente beauftragte männliche Laie; ihm ist die ehrenamtlich tätige, unter den gleichen Voraussetzungen arbeitende Frau gleichzustellen.18

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Die drei derart skizzierten Typen schöpfen die Formen möglichen Priestertums nicht aus; es lassen sich Varianten denken. Die Typen liegen hier aber besonders nahe, weil sie die zu ihnen führenden dogmatischen und kanonistischen Denkschritte besonders deutlich machen - vielleicht aber auch, weil sie praktischen pastoralen Bedürfnissen der Kirche in der Gegenwart und mehr noch in der Zukunft besonders entgegen kommen könnten.

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Der zuerst genannte, dem traditionellen Priesterbild entsprechende hauptberufliche Priester besitzt alle Statusmerkmale, die der CIC verlangt: Er ist männlich, lebt zölibatär und ist ordiniert. Er kann alle denkbaren priesterlichen Funktionen wahrnehmen, ohne dadurch ekklesiologische oder kanonistische Probleme zu stellen. Nur: Es gibt immer weniger solcher Priester: In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der Ordinationen in den deutschen Bistümern auf etwa 15 % gefallen.

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Deshalb braucht die Kirche nicht nur den Pastoralreferenten und die Pastoralreferentin, sondern auch den ehelich lebenden, theologisch gebildeten, aber darüber hinaus auch zum Amtspriester ordinierten jungen Mann - unter Verzicht auf den Zölibat: das große Anliegen, mit dem Karl Rahner schon vor einem halben Jahrhundert hervorgetreten ist. Und die Kirche braucht ebenso - will sie nicht ihre Sünde gegen das biblische, göttlich-rechtliche Gleichheitsgebot perpetuieren - die ebenso qualifizierte junge Frau: Unter Verzicht auf das in c. 1024 CIC enthaltene Tatbestandsmerkmal des männlichen Geschlechts. Biblisch, ekklesiologisch und kanonistisch gib es - siehe oben - nichts, was gegen diesen doppelten Verzicht sprechen würde. Bleibt nur die Frage, ob die Kirche auch kirchenpolitisch gut beraten ist, wenn sie daran festhält.

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Völlig ungewohnt und nicht gänzlich problemfrei ist dagegen der dritte Typus des ehrenamtlichen, berufstätigen, verheirateten und nicht ordinierten Gemeindepriesters und der gleich qualifizierten und gleich gestellten Gemeindepriesterin. Über ähnliche Vorstellungen hat schon Karl Rahner intensiv nachgedacht und dabei eine Lesart vorgeschlagen, die den kirchlichen Auftrag eines Laien zu umfassender Seelsorge in eine faktische Ordination umdeutet; die Deutsche Bischofskonferenz ist diesem Vorschlag 1995 (posthum) nicht gefolgt19. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Kirche eines Tages nicht nur die Menschen ausgehen, die bereit sind, sich durch Ordination auf Lebenszeit zu binden, sondern auch das Geld für die Personalkosten eines klerikalen Standes. Die Kirche wird nicht umhin können, sich ein Ehrenamt zu erschließen: ein priesterliches Ehrenamt unter Verzicht auf die Ordination. Dabei besteht das biblische, ekklesiologische, kanonistische Problem nicht darin, Laien die Spendung der Sakramente zu übertragen (einschließlich des Eucharistievorsitzes, einschließlich der Sündenvergebung): diese Frage hat das Neue Testament (siehe oben) eindeutig beantwortet, auch wenn sich viele Ekklesiologen mit seiner Antwort immer noch schwer tun. Das Problem ist vielmehr die (normative) Gemeindeleitung durch beauftragte, aber nicht ordinierte ehrenamtliche Priester. Denn das Neue Testament hat - in den Pastoralbriefen - die normative Gemeindeleitung (das Amt des Gemeindevorstehers) an die Ordination gebunden (siehe oben). Ich halte dieses Problem aber für lösbar: durch eine Teilung der Verantwortung und durch eine gute Organisation, die die normative Entscheidung beim ordinierten Hauptamt belässt, dem nicht ordinierten Ehrenamt aber pastoralen, seelsorglichen Freiraum einräumt20.

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Vor ziemlich genau 40 Jahren hat Karl Rahner, in seiner Zeit ein auch heute noch nicht erreichter Grenzgänger, seine besorgten Kritiker darauf hingewiesen, dass nicht alles, was biblisch oder dogmatisch möglich sei, schon morgen verwirklicht werden müsse und verwirklicht werden könne. Das ist richtig. Aber ich möchte gern hinzufügen: Es wäre nicht gottgefällig, sondern eine Sünde gegen den Heiligen Geist, nicht frühzeitig auszuloten, welche biblischen, ekklesiologischen und kanonistischen Ge-staltungsmöglichkeiten uns gegeben sind, um sie - wann immer - einzusetzen, wenn das kirchliche Gemeinwohl das verlangt.

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1 LG 10-12; 31, 1; AA 3, 1. G. Bausenhart in: Herders theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 4, Freiburg 2005, 52: "Gleichursprünglichkeit" der Sendung.

2 F. Suarez, Tractatus de legibus ac deo legislatore, Gent 1612. Die Problematik des Naturrechts bleibt hier außer Betracht, weil das Naturrecht infolge der verschiedenen Thematik für die Kirchenverfassung praktisch keine Bedeutung hat.

3 Für Karl Rahner gehört die Unterscheidung zwischen dem unwandelbaren Wesen (der Wahrheit) und der wandelbaren historischen Gestalt (dem Kontext) des göttlichen Rechts "zu den wichtigsten Aufgaben der Ekklesiologie dogmatischer und kanonistischer Art": Rahner, Über den Begriff des "Ius dovinum" im katholischen Verständnis, in: SzT V, 249-277 (253). Dazu P. Kistner, Das göttliche Recht und die Kirchenverfassung, Berlin 2009, 50 f., 60 f.

4 U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, 3. Teilband, Zürich 1997, 46; M. Limbeck, Mathäusevangelium, Stuttgart 1997, 232; R. Neuberth, Demokratie im Volk Gottes. Untersuchungen zur Apostelgeschichte, Stuttgart 2001, 332, 338 f.

5 Zur Eucharistie H. Klauck, Herrenmahl und hellenistischer Kult, 2. Aufl. Münster 1986, 321; M. Theobald, Erwägungen zu Herkunft, Funktion und Bedeutung des sogenannten "Einsetzungsberichts", in: M. Ebner (Hg), Herrenmahl und Gruppenidentität, Freiburg 2007, 121-165 (122, 164). Zum Bußsakrament: R. Schnackenburg, Das Johannesevangelium, III Teil, Freiburg 1976, 388 f.; M. Theobald, Herrenworte im Johannesevangelium, Freiburg 2002, 184-187. Zum Weihesakrament N. Brox, Die Pastoralbriefe, 5. Aufl. Regensburg1989, 149 f.; L. Oberlinner, Die Pastoralbriefe - Erster Timotheusbrief, Freiburg 1994, 208, 210.

6 G. Schneider, Tradition, Kontinuität und Sukzession in der Sicht der Apostelgeschichte, in: K. Backhaus (Hg), Schrift und Tradition, Paderborn 2001, 307, 309; Brox, Pastoralbriefe 149; M. Ebner, Strukturen fallen auch in christlichen Gemeinden nicht vom Himmel, in: Diakonia 31 (2000), 60-66 und 199-204 (199).

7 A. Hollerbach, Göttliches und Menschliches in der Ordnung der Kirche, in: Ders. (Hg), Mensch und Recht. FS für Erik Wolf, Frankfurt/Main1972, 212-235 (225 f.)

8 Rahner, Über den Begriff des "Ius divinum" 274

9 J. Ratzinger, Primat, Episkopat und successio apostolica, in: Rahner / Ratzinger, Episkopat und Primat, Freiburg 1961, 37-59 (49); auch sonst häufig.

10 W. Kasper, Einführung in den Glauben, 8. Aufl. Mainz 1985, 130 f.; auch sonst häufig.

11 Dieses Argument steht im Zusammenhang mit der methodischen Frage, was das Schweigen des Neuen Testaments bedeutet: Ist es ein argumentum e silentio, das eine Konjektur bejaht, wie manche traditionell denkenden Ekklesiologen gern, aber grundlos glauben; oder ist es ein normatives, dem Gebot der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit verpflichtetes Schweigen, das Spekulationen verneint und ausschließt? Für den Juristen, gerade für den Kirchenjuristen kann nur diese Deutung gelten.

12 W. Foerster, Exestin, exousia, exousiazo; katexousia, In: ThWNT II, 557 -572 (563, 566); K. Scholtissek, Vollmacht, in: LThK 3. Aufl. Bd 10, Freiburg 2001, 878 f.

13 Kistner, Das göttliche Recht und die Kirchenverfassung, 159 - 163

14 Kistner, Das göttliche Recht und die Kirchenverfassung II, Berlin 2010, 203 - 223

15 Johannes Paul II hat den ablehnenden Standpunkt der Glaubenskongregation im Apostolischen Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" vom 22. März 1994 (DH 4980-4983) als definitiv bezeichnet. Die Diskussion dauert gleichwohl an.

16 Karl Rahner hat sich dieser Position weit genähert: Am weitesten mit der Frage, ob die bischöfliche Bestellung eines Pastoralreferenten zu umfassender Seelsorge nicht in einen sakramentalen Akt umzudeuten sei: Rahner in P. M. Zulehner / K. Rahner, Denn du kommst unserem Tun mit deiner Gnade zuvor, Düsseldorf 1984, 102

17 Zum Seelsorgeanspruch und zur Seelsorgesituation siehe einerseits H. Pree, Pfarrei ohne Pfarrer. Leitung und Recht auf Eucharistie, in: AnzSS 1996, 18-24 (20); andererseits O. Fuchs, Im Innersten gefährdet, Innsbruck/Wien 2009, besonders 13-25; Th. Sternberger, Fatale Selbstmarginalisierung. Zur Lage der katholischen Kirche in Deutschland, in: HK 65 (2011), 559-564; H. J. Höhn, Gleicht euch nicht an, in: HK 66 (2012), 11-16.

18 P. Kistner, Das göttliche Recht und die Kirchenverfassung III: Das amtliche und das gemeinsame Priestertum, Berlin 2012, 253-261 (erscheint demnächst).

19 Deutsche Bischofskonferenz, Der pastorale Dienst in der Pfarrgemeinde, zitiert nach: Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg (Hg), Freiburger Texte 25, Freiburg 1996; dazu H. Vorgrimmler, Liturgische "Laien"-Dienste zwischen Weihe und Beauftragung, in: M. Glöckener (Hg), Wie weit trägt das gemeinsame Priestertum? Freiburg 1998, 86-106 (besonders 90-97).

20 Als Lösung bietet sich die Zusammenarbeit im Rahmen einer größeren, mehrere Pfarreien übergreifenden Seelsorgeeinheit unter analoger Anwendung von c. 512 § 2 CIC an: Ihr ordinierter Leiter trifft als sogenannter moderierender Priester die notwendigen Leitungsentscheidungen, die für seelsorgliche Aufgaben berufenen nicht ordinierten Gemeindepriester (oder Gemeindepriesterinnen) setzen sie unter seiner Aufsicht in den Pfarreien um. Zum Problem P. Platen, Die Ausübung kirchlicher Leitungsgewalt durch Laien. Rechtssystematische Überlegungen aus der Perspektive des "Handelns durch andere", Essen 2007, 303; zur Zusammenarbeit nach c. 512 § 2 CIC H. Schwendenwein, Die katholische Kirche. Aufbau und rechtliche Organisation, Essen 2003, 452-454.