Die potestas vicaria des Papstes zur Auflösung kanonischer Ehen

Ursprung, Reichweite und Grenzen

Von Stefan Ihli

 

Online-Version: 4. Mai 2000.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Allgemeines
    1. 2.1. Der Begriff der "potestas vicaria"
    2. 2.2. Der Begriff der Dispens
  3. Die geschichtliche Entwicklung der Auflösbarkeit der Ehe nach Kirchenrecht
  4. Die Auflösung der nichtvollzogenen Ehe
    1. 4.1. Ursprung
    2. 4.2. Verfahren
  5. Die Auflösung der Ehe nach cc. 1148f.
  6. Die Auflösung der Ehe nach dem Privilegium Petrinum
    1. 6.1. Ursprung
    2. 6.2. Verfahren
  7. Die Auflösung der Ehe nach dem Privilegium Paulinum
  8. Die Grenzen päpstlicher Lösegewalt
 

 

1. Einleitung

In seiner alljährlichen Rede zur Eröffnung des Gerichtsjahres der Romana Rota sah sich Papst Johannes Paul II. am 21. Januar 2000 veranlaßt zu bekräftigen, "daß die gültige und vollzogene sakramentale Ehe nie aufgelöst werden kann, nicht einmal durch die Vollmacht des Römischen Pontifex. Die gegenteilige Behauptung würde die These implizieren, daß es keine absolut unauflösliche Ehe gibt, was im Gegensatz zu dem Sinn stünde, in dem die Kirche die Unauflöslichkeit des Ehebandes lehrt und immer gelehrt hat."1 Auch wenn der Papst stellvertretende Vollmacht für die göttliche Macht Jesu Christi habe, habe er dennoch "keine Vollmacht über das natürliche oder positive göttliche Recht"2. Aufgrund der Lehre der Hl. Schrift und der kirchlichen Tradition sei dies eine "als definitiv anzusehende Lehre", auch wenn sie nicht als Dogma verkündet worden ist3.

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Das wirft die Frage nach der Auflösbarkeit von Ehen durch den Papst auf: In welchem Umfang kann er Ehen auflösen, mit welcher Begründung und mit welchem Verfahren? Diesen Fragen soll mit diesen Ausführungen nachgegangen werden. In einem ersten Teil sollen grundsätzliche Begriffe geklärt werden. Nach einem allgemeinen geschichtlichen Überblick werden dann die einzelnen Fälle von Eheauflösung behandelt. Was hier aufgrund der Fragestellung unberücksichtigt bleiben muß, sind die Fälle von Ehenichtigkeit, die eine eigene Untersuchung wert wären.

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2. Allgemeines

2.1. Der Begriff der "potestas vicaria"

Der Codex Iuris Canonici handelt von der kirchlichen Leitungsgewalt (potestas regiminis) im Titel VIII des I. Buches. Die Leitungsgewalt wird zunächst unterschieden nach der potestas ordinaria und der potestas delegata. Ordentliche Leitungsgewalt ist diejenige, die von Rechts wegen mit einem Amt verbunden ist, delegierte Leitungsgewalt diejenige, die einer Person nicht als Amtsvollmacht zukommt (c. 131 § 1). Innerhalb der ordentlichen Leitungsgewalt wird zudem unterschieden zwischen der eigenberechtigten ordentlichen Leitungsgewalt (potestas ordinaria propria) und der stellvertretenden ordentlichen Leitungsgewalt (potestas ordinaria vicaria) (c. 131 § 2). Die eigenberechtigte ordentliche Leitungsgewalt kommt dem zu, der Inhaber eines Grundamtes ist und in eigenem Namen handelt. Dagegen ist der Inhaber der stellvertretenden ordentlichen Leitungsgewalt Inhaber eines Stellvertreteramtes und handelt in fremdem Namen. Träger eigenberechtigter ordentlicher Leitungsgewalt sind z. B. der Papst, das Bischofskollegium und die Diözesanbischöfe. Träger stellvertretender ordentlicher Leitungsgewalt sind z. B. Generalvikar und Gerichtsvikar. Wie diese beiden Beispiele zeigen, kommt das Stellvertretungsamt im Bereich der potestas executiva und der potestas iudicialis vor, nicht aber im Bereich der potestas legislativa.

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Wenn man vom Papst als Träger eigenberechtigter ordentlicher Leitungsgewalt sagt, er besitze potestas vicaria, so geschieht dies in einem weiteren Sinne. Die Begründung ist, daß der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus der Stellvertreter Jesu Christi auf Erden ist. Damit besitzt der Papst aber auch eine stellvertretende Gewalt für die göttliche Gewalt Christi, nämlich die potestas divina vicaria.4

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Diese Konzeption päpstlicher stellvertretender ordentlicher Gewalt ist aber nicht unumstritten. So meint z. B. Pieter Huizing, "daß es einen Unterschied zwischen eigenberechtigter Gewalt und von Christus empfangener Gewalt in Wirklichkeit nicht geben kann. Keine einzige Funktion oder Befugnis oder Gewalt und kein einziges Recht in dieser Gemeinschaft [sc. der Kirche] ist ‚eigen' und ‚nicht von Christus'."5

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2.2. Der Begriff der Dispens

Eine Dispens ist eine hoheitliche Befreiung von einem rein kirchlichen Gesetz in einem Einzelfall aus gerechtem Grund (c. 85)6. Damit unterscheidet sich eine Dispens einerseits von einem Privileg7 als durch besonderen Rechtsakt gewährter Sonderstellung einer natürlichen oder juristischen Person (c. 76) und andererseits von der Epikie als subjektivem Bewußtsein, nicht von einer Norm betroffen zu sein.8

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Die Auflösung einer Ehe durch den Papst wird in einem weiteren Sinne ebenfalls Dispens genannt, obwohl hier nicht von einer Gesetzesverpflichtung befreit, sondern ein Eheband gelöst und damit eine gesetzliche Bestimmung (c. 1142) angewendet wird. Dennoch kommt die Bezeichnung "Dispens" dafür sogar im Codex vor (cc. 1697, 1698, 1706). Wenn der Papst solche Dispensen erteilt, handelt er kraft seiner oben angesprochenen potestas divina vicaria, denn dieser Rechtsakt des Gnadenerweises bezieht sich auf die kraft göttlichen Rechts eingesetzte Ehe. 9

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3. Die geschichtliche Entwicklung der Auflösbarkeit der Ehe nach Kirchenrecht

Die kirchengeschichtliche und rechtsgeschichtliche Entwicklung bezüglich der Auflösbarkeit von Ehen beginnt mit der Heiligen Schrift. Bis hierher muß zurückgehen, wer die Wurzeln päpstlicher Vollmacht zur Eheauflösung kennenlernen will. Während in der Umwelt der Bibel im römischen Recht die Ehe je nach Form des Eheabschlusses einen formlosen Konsensualvertrag unter den beiden Gatten darstellen konnte, der nach dem Willen beider Partner jederzeit wieder aufgelöst werden konnte10, steht in der Bibel die Aussage Jesu: "Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. (...) Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. (...) Wer seine Frau aus der Ehe entläßt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entläßt und einen anderen heiratet." (Mk 10, 7-12) Diese kategorische Aussage wird freilich bei Matthäus in der sogenannten Unzuchtsklausel eingeschränkt: "Ich aber sage euch: Wer seine Frau entläßt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch." (Mt 5, 31f.)11 Hier ist allerdings nicht der Ort, um diese exegetisch nicht völlig geklärte Stelle näher zu betrachten. Die biblischen Aussagen stehen jedenfalls im Kontext der unterschiedlichen Lehren der rabbinischen Schulen des Hillel und des Schammai. Rabbi Hillel erlaubte die Ausstellung eines Scheidebriefes durch den Mann nur bei Ehebruch der Frau, Rabbi Schammai dagegen bei jedem beliebigen Grund, wegen dem sich die Frau den Unmut des Mannes zugezogen hat.

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Beim Apostel Paulus finden sich differenziertere Vorschriften über die Trennung von Ehegatten: "Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr: Die Frau soll sich vom Mann nicht trennen - wenn sie sich aber trennt, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich wieder mit dem Mann -, und der Mann darf die Frau nicht verstoßen. Den übrigen sage ich, nicht der Herr: Wenn ein Bruder eine ungläubige Frau hat, und sie willigt ein, weiter mit ihm zusammenzuleben, soll er sie nicht verstoßen. Auch eine Frau soll ihren ungläubigen Mann nicht verstoßen, wenn er einwilligt, weiter mit ihr zusammenzuleben. (...) Wenn aber der Ungläubige sich trennen will, soll er es tun. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht wie ein Sklave gebunden (...)." (1 Kor 7, 10-15) - Ausgehend von diesem biblischen Befund kann ein historischer Überblick folgen, denn die Geschichte der päpstlichen Vollmacht zur Auflösung von Ehen ist auch eine Geschichte der Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe.

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In der Zeit der alten Kirche12 wurde eine Zweitehe von mehreren Kirchenvätern auch nach dem Tod des ersten Ehepartners abgelehnt. Motivation war das christliche Vollkommenheitsideal hinsichtlich der Sexualität. Weil die Kirche kein eigenständiges Eherecht beanspruchte, gab es aber kaum Aussagen aus dem Bereich der Kirchenordnung über die Ehescheidung. Das Eherecht wurde durch die weltliche Gesellschaft geregelt, was auch Scheidungsmöglichkeiten einschloß. Von der Kirchenordnung wurde dem nichts entgegengestellt; das Ideal der einen Ehe blieb allerdings erhalten. Die Kirche begnügte sich mit der Segnung von Ehen. Erstmals machte die Synode von Elvira (Spanien) eine klare Aussage zugunsten der Unauflöslichkeit der Ehe: "Ebenso soll einer gläubigen Frau, die ihren gläubigen ehebrecherischen Mann verlassen hat und einen anderen heiratet, verboten werden <ihn> zu heiraten (...)."13 Die eindeutig ungleiche Rechtsstellung von Mann und Frau war typisch für die Situation sowohl nach römischer als auch nach germanischer Tradition. Sowohl Kirchenväter als auch Konzilien der folgenden Zeit waren sich in ihrer Haltung zur Unauflöslichkeit nicht einig.

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Mit der Zeit gewann die germanische Rechtsauffassung an Boden, nach der die Geschlechtsgemeinschaft zwischen Mann und Frau ehebegründend ist. Konsequenterweise wurde Ehebruch, also Geschlechtsgemeinschaft mit einem anderen Partner, als eheauflösend angesehen. Neben anderen Scheidungsgründen des germanischen Rechts wurde von einigen Konzilien der Eintritt in ein Kloster als Grund für eine Eheauflösung anerkannt.

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Karl der Große brachte eine Wende, indem er in seinem Reich das geltende Recht vereinheitlichen wollte. Er ließ sich von römischen Rechtsvorstellungen leiten. Einer der zentralen Teile war die Collectio Dionysio-Hadriana, die einen Kanon des 11. Konzils von Karthago enthielt, der jede Form der Wiederheirat zu Lebzeiten des ersten Partners verbot. Während das Recht des germanischen Reiches davon bestimmt wurde, wurden Ausnahmen vom Verbot der Ehescheidung auf mehreren Konzilien in Rom noch erlaubt.

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Eine größere Einheitlichkeit gab es erst, als die Kirche ein eigenes Eherecht entwickelte. Das geschah im Zusammenhang einer allgemeinen Entwicklung hin zu größerer Jurisdiktion der Kirche über weite Lebensbereiche. Hinsichtlich des Eherechtes ist hierbei der Streit zwischen der Pariser und der Bologneser Schule zu betrachten.14 Interessant ist dabei insbesondere der Unterschied zwischen der Lehre der früheren und der jüngeren Pariser Schule. Hinkmar von Reims als Vertreter der frühen Pariser Schule war z. B. der Ansicht, daß die Ehe erst durch den Vollzug sakramental und damit unauflöslich werde. Eine ähnliche Ansicht vertraten Anselm von Laon, Wilhelm von Champaux und Ivo von Chartres, wenngleich letzterer in der noch nicht vollzogenen Ehe schon ein Sakrament sah, das aber durch den Vollzug vervollkommnet werde. Gegen diese Lehre wurde besonders von Petrus Damianus und Hugo von St. Viktor eingewendet, daß der Ehevollzug keine ehebegründende Wirkung haben könne, da ansonsten die nach alter Tradition nie vollzogene Ehe zwischen Maria, der Muttergottes, und Joseph keine gültige Ehe gewesen wäre.

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Die Lehre von der Kopulatheorie wurde daraufhin immer mehr verdrängt, wurde dann aber in Bologna vertreten. Dort wurde die Lehrmeinung vor allem von Gratian in seinem Dekret aufgegriffen. Vor dem Vollzug der Ehe anerkennt Gratian u. a. Eintritt in einen Orden, Impotenz (die damals noch kein Ehehindernis war) und eine andere Eheschließung mit Ehevollzug als Gründe für eine Eheauflösung. Andere Vertreter der Schule von Bologna sind Rufin und Paucapalea. Auch für sie ist erst die vollzogene Ehe unauflösbar. Die reine Konsensehe ist auflösbar wegen nachfolgender anderer Eheschließung mit Vollzug, wegen Unzucht, Raub, Frigidität, wegen Eintritt in einen Orden, wegen schwerem Verbrechen, dauerhafter Krankheit oder dauernder Gefangenschaft.

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Die jüngere Pariser Schule dagegen vertrat die Konsenstheorie: Die Ehe werde unauflöslich bereits mit dem Konsensaustausch. Bedeutendste Vertreter dieser Ansicht sind Hugo von St. Viktor, Petrus Lombardus und Stephan von Tournai. Z. T. werden Eheschließung und Verlöbnis als dasselbe angesehen, mit dem einzigen Unterschied, daß es sich beim Verlöbnis um verba de futuro handele, bei der Eheschließung um verba de praesenti. Das Eheversprechen hatte demnach die Wirkung eines unauflöslichen Bandes auch ohne geschlechtlichen Vollzug, das Verlöbnisversprechen nur mit. Mit der Konsenstheorie war die Ehe der Muttergottes einfacher zu vereinbaren, da man davon ausging, daß ein gültiger Konsens auch ohne die Übertragung des ius in corpus zustandekommen könne. Bei der Kopulatheorie dagegen mußte die Ehe der Muttergottes als Ausnahme definiert werden, wenn sie nicht als ungültige Ehe erscheinen sollte.

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In der Folgezeit fing die Bologneser Schule an, die Ansichten der jüngeren Pariser Schule zunehmend positiv zu bewerten und ihre wichtigsten Elemente zu integrieren. Die Rezeption der Pariser durch die Bologneser Schule ist mit Huguccio abgeschlossen. Huguccio erlaubte demzufolge keine Eheauflösungen mehr mit Ausnahme des Eintritts in ein Kloster. Die Lösung des Streites der Schulmeinungen brachte dann aber der gemäßigte Bologneser Kanonist Roland Bandinelli, der als Papst Alexander III. den Thron Petri bestieg. In mehreren Dekretalen traf er Entscheidungen, die auf eine Anerkennung der Lehre der Pariser Schule hinausliefen. So z. B. in der Dekretale "Licet"15: Nach einer Heirat darf jemand seinen Partner nicht mehr verlassen. Tut er es trotzdem und heiratet erneut, muß er zu seinem ersten Partner zurückkehren, selbst wenn die zweite Ehe geschlechtlich vollzogen wurde. Andererseits bleibt es möglich, daß ein Partner aus einer noch nicht vollzogenen Ehe selbst gegen den Willen des anderen Partners in ein Kloster eintritt. Die Ehe wird anläßlich der feierlichen Ordensprofeß aufgelöst; der in der Welt verbleibende Partner darf wieder heiraten. Damit erfuhr die Pariser Schulmeinung eine entscheidende Einschränkung. Trotzdem wird ab diesem Zeitpunkt auch die nichtvollzogene Ehe kanonistisch als sakramental angesehen. Endgültig ausgeformt war die Lehre von der Unauflöslichkeit der christlichen Ehe dann mit Papst Innozenz III. Er erklärte, er halte sich nicht für befugt, nichtvollzogene Ehen zu lösen. Einziger Grund zur Eheauflösung sei der Eintritt in ein Kloster. Die Päpste hielten sich in der damaligen Zeit allgemein nicht für befugt, nichtvollzogene Ehen aufzulösen. Das änderte sich erst mit Papst Martin V. (1417-1431), ab dem einzelne Eheauflösungen nichtvollzogener Verbindungen durch päpstliches Reskript nachweisbar sind. 16

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Die Lehre der Unauflöslichkeit der Ehe fand ihre Ausformung auf dem Konzil von Florenz (1439-1445). In seinem "Dekret für die Armenier" vom 22. November 1439 heißt es:

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"Die Wirkursache der Ehe ist normalerweise das durch gegenwartsbezogene Worte ausgedrückte gegenseitige Einverständnis. Es wird aber ein dreifaches Gut der Ehe angeführt. (...) Das dritte ist die Untrennbarkeit der Ehe, deswegen, weil sie die untrennbare Verbindung Christi und der Kirche versinnbildlicht. Obwohl man aber aufgrund von Unzucht eine Trennung des Bettes vornehmen darf, ist es dennoch nicht erlaubt, eine andere Ehe zu schließen, da das Band einer rechtmäßig geschlossenen Ehe immerwährend ist." (DH 1327)

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Die nächste wichtige Lehrentscheidung brachte das Tridentinum, das auf seiner 24. und damit vorletzten Sitzung am 11. November 1563 in seinen "Kanones über das Sakrament der Ehe" folgendes ausführte:

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"Kan. 5. Wer sagt, das Band der Ehe könne wegen Häresie, Schwierigkeiten im Zusammenleben oder vorsätzlicher Abwesenheit von Gatten aufgelöst werden: der sei mit dem Anathema belegt.        
Kan. 6. Wer sagt, eine gültige, nicht vollzogene Ehe werde durch das feierliche Ordensgelübde eines der beiden Gatten nicht getrennt: der sei mit dem Anathema belegt.
Kan. 7. Wer sagt, die Kirche irre, wenn sie lehrte und lehrt, gemäß der Lehre des Evangeliums und des Apostels könne das Band der Ehe wegen Ehebruchs eines der beiden Gatten nicht aufgelöst werden, und keiner von beiden, nicht einmal der unschuldige, der keinen Anlaß zum Ehebruch gegeben hat, könne, solange der andere Gatte lebt, eine andere Ehe schließen, und derjenige, der eine Ehebrecherin entläßt und eine andere heiratet, und diejenige, die einen Ehebrecher entläßt und einen anderen heiratet, begingen Ehebruch: der sei mit dem Anathema belegt." (DS 1805-1807)

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Zu diesen Aussagen des Tridentinums bemerkt Rudolf Weigand:

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"Die umständliche Formulierung ist nur zu verstehen aus dem Bestreben, einerseits dem Ambrosius (...) nicht zu nahe zu treten, welcher dem Mann im Falle eines Ehebruchs der Frau die Wiederverheiratung zugestand. (...) Andererseits wollte man die Union der Venetianer mit den ihnen unterstellten Griechen in ihren östlichen Gebieten nicht gefährden. Daher wurde die Formulierung so gewählt, daß die Praxis der Ostkirchen nicht verurteilt wurde."17

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Jedenfalls war mit diesen päpstlichen und konziliaren Lehrentscheidungen die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe so entwickelt, wie sie sich im wesentlichen bis heute gehalten hat. Damit kann sich das Augenmerk nun den Eheauflösungen zuwenden. Bei der dabei deutlich werdenden weiteren geschichtlichen Entwicklung wird sich zeigen, daß die Kirchengeschichte "eine ständige Entwicklung im Sinne einer ‚Erweiterung' der Eheauflösung" beinhaltet, wenngleich "die kirchliche Gewalt der Eheauflösung im Laufe der Kirchengeschichte weder Einschränkungen noch Erweiterungen erfahren hat"18.

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4. Die Auflösung der nichtvollzogenen Ehe

4.1. Ursprung

Der Ursprung der Auflösung nichtvollzogener Ehen wurde bereits angesprochen. Er liegt letztlich in der Auflösung von Ehen anläßlich der Ablegung der feierlichen Ordensprofeß beim Eintritt eines Ehegatten in ein Kloster. Diese schon länger vertretene Lehre wurde von Papst Alexander III. bekräftigt anläßlich seiner Anerkennung der Lehre der Pariser Schule, daß schon die nichtvollzogene Ehe unauflöslich ist. Zugleich löste Papst Alexander III. aber auch noch nichtvollzogene Ehen in Einzelfällen auf, eine Praxis, die nach ihm zunächst wieder in Vergessenheit geriet und erst wieder durch Papst Martin V. aufgenommen wurde. Bis sich die Ansicht von der Auflösbarkeit nichtvollzogener Ehen durch den Papst durchsetzte, mußte man sich aber zunächst klar darüber werden, daß auch im Falle der Auflösung einer Ehe wegen feierlicher Ordensprofeß die Profeß nicht aufgrund Naturgesetz oder göttlicher Offenbarung, sondern aufgrund kirchlicher Verfügung eheauflösende Kraft hat, d. h. also nicht aufgrund göttlichen, sondern aufgrund kirchlichen Rechts. Durch diese Erkenntnis konnte man die Auflösung einer Ehe anläßlich des Eintritts in ein Kloster als einen bloßen Teil einer umfassenderen Lösegewalt der Kirche begreifen, die eben auch die Auflösung nichtvollzogener Ehen einschließt. Erstmals wurde die Vollmacht zur Lösung nichtvollzogener Ehen von Papst Benedikt XIV. 1741 als Teil der päpstlichen Vollmacht bezeichnet.19 Damit war der Grundstock gelegt für die Aufnahme der Auflösung nichtvollzogener Ehen in den CIC / 1917. Dessen Canon 1119 nennt beide Möglichkeiten von Auflösung nichtvollzogener Ehen: Eintritt in ein Kloster und andere Fälle. Die Ehe wird jeweils durch hoheitliche Erklärung der Kirche aufgelöst, sei es ipso iure bei der Profeß, sei es durch Reskript in anderen Fällen. Der Canon lautet in der Übersetzung Jones:

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"Eine Ehe, die aber noch nicht vollzogen ist, wird von Rechts wegen durch die feierliche Ordensprofeß gelöst, mag es sich dabei handeln um eine Ehe zwischen zwei Getauften oder um eine Ehe zwischen einem Getauften und einem Ungetauften. Außerdem kann eine solche noch nicht vollzogene Ehe durch Dispens seitens des Apostolischen Stuhles gelöst werden. Für die Gewährung dieser Dispens wird ein gerechter Grund verlangt. Der Antrag auf Gewährung der Dispens muß von beiden Ehegatten oder wenigstens von einem Teile gestellt werden. In letzterem Falle kann die Dispens erteilt werden, wenn auch der andere Eheteil nicht damit einverstanden ist."

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4.2. Verfahren

Der geltende CIC / 1983 kennt die Auflösung einer nichtvollzogenen Ehe wegen Ordensprofeß nicht mehr. Er bestimmt vielmehr in Canon 1142:

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"Die nicht vollzogene Ehe zwischen Getauften oder zwischen einem getauften und einem ungetauften Partner kann aus einem gerechten Grund auf Bitten beider Partner oder eines Partners, selbst wenn der andere dem widerstrebt, vom Papst aufgelöst werden."

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Damit entspricht der Canon weitgehend seiner Vorgängernorm. Insbesondere fallen nicht unter das Gesetz die nichtvollzogenen Ehen zweier ungetaufter Partner. Zu dieser materiellrechtlichen Norm finden sich formellrechtliche Bestimmungen in Buch VII, Titel I, Kapitel III (cc. 1697-1706)20. Im CIC / 1917 hatte es nur vereinzelt einschlägige Bestimmungen gegeben; nach dem CIC / 1917 waren entsprechende Instruktionen veröffentlicht worden.

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Bei der Auflösung einer nichtvollzogenen Ehe ist zunächst zu fragen, was der Vollzug einer Ehe bedeutet. Dazu bestimmt c. 1061 § 1 CIC / 1983, eine Ehe sei vollzogen, "wenn die Ehegatten auf menschliche Weise miteinander einen ehelichen Akt vollzogen haben, der aus sich heraus zur Zeugung von Nachkommenschaft geeignet ist, auf den die Ehe ihrer Natur nach hingeordnet ist und durch den die Ehegatten ein Fleisch werden." Zu beachten ist auch § 2 desselben Canons, der die Rechtsvermutung des Vollzugs der Ehe für den Fall aufstellt, daß die Ehegatten nach der Eheschließung zusammengewohnt haben und daß das Gegenteil noch nicht bewiesen ist. Als wesentliche Merkmale des Vollzuges müssen daher gelten:

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  • die Durchführung des ehelichen Aktes,

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  • in einer "menschlichen Weise"; dies bedeutet nach dem Rundschreiben der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung vom 20. Dezember 198621, "daß zum Vollzug der Ehe erforderlich ist, daß das Handeln von beiden Seiten ein menschliches sein muß, aber ausreicht, daß es virtuell gewollt ist, solange nicht gewaltsam errungen. Andere psychologische Elemente, die den Akt leichter oder liebenswerter machen, werden nicht in Betracht gezogen." (Einleitung),

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  • "zur Zeugung geeignet", was nicht mehr die Zeugungsfähigkeit erfordert22, was aber die Konsummation bei bestimmten Arten von Empfängnisverhütung ausschließt.

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Das Nichtvorhandensein eines derartigen Vollzuges der Ehe kann auf verschiedene Art und Weise bewiesen werden:

33

  • durch den Nachweis noch vorhandener Jungfräulichkeit der Frau (argumentum physicum), was alleine nicht ausreicht23,

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  • durch den Nachweis, daß die beiden Ehepartner nach der Eheschließung gar nicht zusammen gelebt haben und damit keine Gelegenheit zum ehelichen Verkehr bestand (argumentum per coarctata tempore),

35

  • durch den Nachweis, daß einer der beiden Partner oder auch beide aus physischen oder psychischen Gründen nicht in der Lage waren, die Ehe zu vollziehen (was mit dem Ehehindernis der impotentia coeundi zusammenhängt),

36

  • durch die Aussage der beiden Parteien sowie Nachweis der Glaubwürdigkeit der bittstellenden Partei durch zwei oder mehr sogenannte Glaubwürdigkeitszeugen (argumentum morale).

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Auch wenn die formellrechtlichen Normen über das Verfahren zur Gewährung der Dispens von der nichtvollzogenen Ehe sich im Prozeßrecht des Codex finden, so handelt es sich bei diesem Verfahren dennoch nicht um ein Gerichtsverfahren, sondern um einen Akt päpstlicher Verwaltung. Zudem ist die Dispens ein päpstlicher Gnadenerweis, und es besteht demzufolge kein Rechtsanspruch darauf. Die Dispens wird in einem Reskript ohne Begründung gewährt. Der Ablauf des Verfahrens ist folgender24:

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Einer der beiden Partner einer nichtvollzogenen Ehe (oder auch beide) kann einen Antrag auf Dispens an den Papst richten. Faktisch wird dieser Antrag jedoch beim zuständigen Diözesanbischof eingereicht, in dessen Diözese der Bittsteller seinen Wohnsitz oder Nebenwohnsitz hat. Wenn der Antrag begründet erscheint, muß ihn der Bischof annehmen. Lehnt er ihn ab, steht dem Bittsteller der hierarchische Rekurs offen. Wird der Antrag angenommen, sind die nötigen Untersuchungen durchzuführen. Dafür ist vom Bischof für ständig oder für den Einzelfall entweder sein eigenes Diözesangericht oder das Gericht einer anderen Diözese oder ein geeigneter Priester zu beauftragen. Läßt der Antrag besondere Schwierigkeiten erkennen, soll der Bischof vor Beginn der Beweiserhebungen beim Apostolischen Stuhl nachfragen wegen besonderer Hinweise zur Durchführung des Verfahrens, nicht jedoch wegen einer dann etwa nötigen besonderen Erlaubnis zur Durchführung25. Es ist auch denkbar, daß ein Nichtigkeitsverfahren auf ein Nichtvollzugsverfahren umgestellt wird, wenn während des Nichtigkeitsverfahrens der Verdacht des Nichtvollzugs auftaucht. Ein Rechtsbeistand ist im Verfahren nicht vorgesehen. Der Bischof kann jedoch den beiden Parteien erlauben, sich der Hilfe eines Rechtskundigen zu bedienen. Der Ehebandverteidiger ist am Verfahren zu beteiligen. Die beiden Parteien werden dann entsprechend den Vorschriften des allgemeinen Prozeßrechtes vernommen, ebenso die Zeugen. Für deren Zahl gibt es keine Vorschriften mehr. Entsprechend den allgemeinen prozeßrechtlichen Vorschriften sollten zumindest zwei Zeugen gehört werden, möglichst mehr. Früher waren sieben Zeugen vorgesehen, die insbesondere die Funktion des Glaubwürdigkeitszeugen zu übernehmen hatten, d. h. die bestätigen mußten, daß die bittstellende Partei bei ihrer eidlichen Aussage glaubwürdig ist. Es kann auch ein ärztliches Gutachten z. B. über die Jungfräulichkeit in Auftrag gegeben werden. Zu den Beweiserhebungen gehören auch Glaubwürdigkeitszeugnisse für alle Vernommenen durch den Untersuchungsrichter und durch den zuständigen Pfarrer. Nach Abschluß der Beweiserhebungen ist keine Aktenoffenlegung vorgesehen. Der Untersuchungsrichter kann aber den Bittsteller auf beweistechnische Schwierigkeiten aufmerksam machen. Nach Abschluß der Beweiserhebungen erstellt der Ehebandverteidiger seine observationes. Der Untersuchungsrichter erstellt ein Gutachten und übergibt die ganze Akte dem auftraggebenden Bischof. Dieser erstellt nach der Aktenlage ebenfalls ein Gutachten, in dem er insbesondere zu vier Punkten Stellung nimmt:

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  • der moralischen Gewißheit über den Nichtvollzug,

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  • dem Vorhandensein eines gerechten Grundes für die Gewährung der Dispens; als solcher gelten z. B. ungebührliches Hinauszögern der Konsummation der Ehe durch einen der Partner, hoffnungslose Verfeindung der beiden Partner, Geisteskrankheit oder Glaubensabfall eines Partners, Zivilscheidung und erneute Zivileheschließung eines Partners,26 allgemein jeder Grund, "der dem geistlichen Wohl des bittstellenden Ehepartners dient"27,

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  • dem Ausschluß von Ärgernis durch die Gewährung der Dispens,

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  • der persönlichen Befürwortung der Dispenserteilung.

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Dann wird die ganze Akte in dreifacher Ausfertigung an die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung gesandt. Dort gibt es zehn Kommissionen mit jeweils drei Experten zur Überprüfung solcher Gesuche. Nach Prüfung des Falles durch das zuständige officium erstellen der Ehebandverteidiger der Kongregation sowie drei Experten Gutachten, die sie auf einer Sitzung unter Leitung des Untersekretärs der Kongregation vortragen. Eventuell fordert die Kongregation weitere Beweiserhebungen. Dann wird entschieden, ob der Fall dem Papst zur Dispenserteilung empfohlen werden kann. Dies übernimmt der Kardinalpräfekt der Kongregation. Der Papst bleibt aber völlig frei in der Gewährung oder Nichtgewährung der Dispens. Er kann die Dispens bei einer deutlich gewordenen dauernden oder vorübergehenden Eheuntauglichkeit eines oder beider Partner mit einer Klausel versehen. Eine sogenannte Klausel "ad mentem" verbietet den betroffenen Ehepartnern eine erneute Eheschließung, falls sie nicht nachweisen können, daß sie doch ehefähig sind und falls sie vom Papst aufgestellte Bedingungen28 nicht erfüllen. Eine neue Eheschließung kann in diesem Fall der Diözesanbischof gewähren. Bei einer Klausel "vetitum" dagegen kann nur die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung eine erneute Eheschließung gewähren, was nur bei Vorliegen zweier ärztlicher Gutachten geschieht, die beide die Fähigkeit zum Vollzug der neuen Ehe bescheinigen. Allerdings haben diese Klauseln keine eheverungültigende Wirkung, falls dies nicht ausdrücklich bestimmt wird29 (vgl. die gerichtlich auferlegten Eheverbote im Ehenichtigkeitsverfahren). Die Dispens kann auch ad cautelam erteilt werden, wenn der Verdacht besteht, daß die Ehe nichtig ist. Von einer nichtigen Ehe kann nämlich rechtslogisch nicht dispensiert werden. Von einer gewährten Dispens sind die beiden Ehepartner über den zuständigen Diözesanbischof zu informieren. Die Dispens und etwaige Klauseln sind ins Tauf- und Ehebuch einzutragen. Wird die Dispens nicht erteilt, kann der erwähnte Rechtskundige in die Akten (mit Ausnahme des bischöflichen Gutachtens) Einsicht nehmen. Ein neuer Antrag auf Dispens insbesondere mit neuen Beweisen kann dann gestellt werden. Gegen eine Verweigerung der Eheauflösung gibt es kein Rechtsmittel (zumal es sich um eine Entscheidung des Papstes handelt [vgl. c. 333 § 3]).

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Zu erwähnen ist die heute regional sehr unterschiedliche Inanspruchnahme der Möglichkeit der Dispensation von nichtvollzogenen Ehen. Dabei stammen weltkirchlich gesehen bei weitem die meisten Anträge aus Europa. 1997, in dem Jahr mit den letzten verfügbaren Zahlen, gab es insgesamt 603 Neuanträge. Davon stammten 320 aus Europa, 132 aus Südamerika, 74 aus dem Fernen Osten, 24 aus Ozeanien, 22 aus Mittelamerika, 17 aus Nordamerika, 11 aus dem Nahen Osten und 3 aus Afrika.30

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5. Die Auflösung der Ehe nach cc. 1148f.

Rechtsgeschichtlich die nächste Form von Eheauflösung sind die Auflösungen entsprechend den heutigen cc. 1148f. Obwohl diese nicht direkt zur potestas vicaria des Papstes zur Lösung von Ehen zu zählen sind, da bei der Auflösung von Ehen entsprechend diesen Canones kein Antrag an den Papst gestellt werden muß, sollen sie doch hier kurz behandelt werden, da sie die Grundlage bilden für die Auflösung der Ehe nach dem sogenannten Privilegium Petrinum, das gleich im Anschluß zu besprechen ist. Die Vorschriften in den beiden Canones gehen zurück auf drei päpstliche Entscheidungen zur Auflösung von Ehen zwischen Ungetauften aus dem 16. Jh., die die Vorschriften des Apostels Paulus, die oben angeführt wurden, erweitern. Der Hintergrund ist in der West-Indien-Mission zu suchen. Bei den päpstlichen Entscheidungen handelt es sich um folgende:

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Papst Paul III. erklärte am 1. Juni 1527 in der Apostolischen Konstitution "Altitudo divini consilii": "Wer vor der Bekehrung gemäß ihren Sitten mehrere Frauen hatte, und sich nicht erinnert, welche er zuerst genommen hat, soll, wenn er sich zum Glauben bekehrt hat, eine von diesen nehmen, die er will, und mit ihr durch die gegenwartsbezogenen Worte die Ehe schließen, wie es Sitte ist; wer sich aber erinnert, welche er zuerst genommen hat, soll die anderen entlassen und diese behalten." (DH 1497)

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Papst Pius V. erklärte am 2. August 1571 in der Apostolischen Konstitution "Romani Pontificis": "(...) deshalb erklären Wir (...) aufgrund (...) der Fülle Apostolischer Vollmacht kraft Apostolischer Autorität (...), daß Inder, die (...) getauft wurden und künftig getauft werden sollen, bei der Frau, die mit ihnen getauft wurde und getauft werden wird, als bei der rechtmäßigen Frau bleiben können, nachdem sie die anderen entlassen haben, und daß eine solche Ehe zwischen ihnen rechtmäßig besteht." (DH 1983)

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Papst Gregor XIII. erklärte am 25. Januar 1585 in der Apostolischen Konstitution "Populis ac nationibus": "(...) deshalb räumen Wir (...) den Ortsordinarien und Pfarrern (...) die Möglichkeit ein, alle die besagten Gegenden [sc. in denen es häufiger zu Entführungen insbesondere der männlichen Ehepartner kommen kann] bewohnenden und später zum Glauben bekehrten Christgläubigen beiderlei Geschlechts, die vor dem Empfang der Taufe eine Ehe geschlossen haben, [von der Anfrage] zu dispensieren, so daß alle von ihnen, auch wenn der ungläubige Gatte noch am Leben ist und seine Zustimmung keineswegs eingeholt (...) wurde, Ehen mit jedem beliebigen Gläubigen (...) schließen und im Angesicht der Kirche feierlich begehen und in ihnen (...), solange sie leben, erlaubtermaßen verbleiben können (...)" (DH 1988)

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Im wesentlichen stimmen die heutigen Normen der cc. 1148f. damit überein. Der Codex fügt nur Bestimmungen über die Versorgung der entlassenen Ehefrauen ein (c. 1148 §§ 2f.) und erlaubt eine neue Ehe bei Gefangenschaft des ersten Partners nur bei Nichtvollzug dieser Erstehe (c. 1149 bestimmt am Schluß: "unbeschadet der Vorschrift des can. 1141"). Entsprechend dem geringer gewordenen Umfang der Missionsgebiete ist die Bedeutung dieser beiden Canones zurückgegangen.

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6. Die Auflösung der Ehe nach dem Privilegium Petrinum

6.1. Ursprung

Aus den gerade angeführten drei päpstlichen Entscheidungen des 16. Jh.s hat sich das sogenannte Privilegium Petrinum entwickelt und zwar als Ausdehnung zum einen der Vorschriften des Apostels Paulus, die oben angeführt wurden, und zum anderen der gerade genannten päpstlichen Vorschriften, die nicht mehr nur für die Situation der Mission gelten sollten. Zur Ausdehnung der Eheauflösung kam es nach dem CIC / 1917 in päpstlichen Einzelentscheidungen und zwar in mehreren Schritten31:

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1. Seit 192432 werden Ehen zwischen einem nichtkatholisch getauften und einem ungetauften Partner aufgelöst. Die erste Entscheidung dieser Art erging am 2. April 1924 und antwortete auf ein Gesuch aus der Diözese Breslau.

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2. Seit 1947 werden Ehen zwischen einem katholisch getauften und einem ungetauften Partner aufgelöst, die mit Dispens vom Ehehindernis der Religionsverschiedenheit geschlossen worden waren. Die erste Entscheidung dieser Art erging am 18. Juli 1947 und antwortete auf ein Gesuch aus der Diözese Monterey-Fresno (USA).

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3. Seit 1957 werden Ehen zwischen zwei ungetauften Partnern aufgelöst. Die erste Entscheidung dieser Art erging am 3. März 1957.

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Die Entwicklung mündete allerdings nicht in eine Kodifikation dieser Eheauflösungen. Sie werden von den Päpsten vorgenommen  unter Berufung auf die päpstliche "Fülle Apostolischer Vollmacht", wie dies oben aus der Apostolischen Konstitution "Romani Pontificis" Papst Pius' V. zitiert wurde, sowie unter Berufung auf die potestas vicaria des Papstes, die letztlich biblisch zurückgeführt werden kann auf die Übertragung der Binde- und Lösegewalt durch Jesus auf Petrus: "(...) was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein." (Mt 16, 19)33 Aus dieser potestas vicaria ergibt sich eine Gesamtvollmacht zur Ehelösung, von der das Privilegium Petrinum ein Teil ist - so zumindest eine mögliche Konzeption, die den Vorteil hat, daß sie eine Verwendung von "privilegium fidei" oder ähnlichen Begriffen vermeidet, die in ihrer Umgrenzung nicht unumstritten sind.34 Daß "es sich hier um eine kirchliche Praxis handelt, deren theoretische und theologische Begründung im wesentlichen noch aussteht"35, liegt an der gegenüber der Auflösung nichtvollzogener Ehen sehr jungen Tradition dieser Eheauflösungen. Auch der Begriff "Privilegium Petrinum" wurde erst 1944 geprägt.36 Er ist in Anlehnung an den Begriff "Privilegium Paulinum" gebildet.

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6.2. Verfahren

Entsprechend der Tatsache, daß sich das Privilegium Petrinum nicht im Codex findet, muß auf ältere Rechtsvorschriften zurückgegriffen werden, die nach wie vor in Geltung sind. Schon am 1. Mai 1934 war eine Instruktion der Glaubenskongregation (damals noch Hl. Offizium) ergangen mit dem Titel "Normae pro conficiendo processu in casibus solutionis vinculi matrimonialis in favorem fidei per supremam Summi Pontificis auctoritatem", die nicht veröffentlicht wurde. Heute gültig ist die Instruktion vom 6. Dezember 1973 mit dem Titel "Instructio pro solutione matrimonii in favorem fidei".37 Zu ihr wurden "Normae procedurales pro conficiendo processu dissolutionis vinculi matrimonialis in favorem fidei" erlassen. In keinem der Dokumente kommt der Begriff "Privilegium Petrinum" vor. Die offizielle Bezeichnung für derartige Eheauflösungen ist vielmehr "solutio matrimonii in favorem fidei". Daneben findet sich auch der Begriff "Dispens", wie oben schon angesprochen. Nachdem nach dem II. Vaticanum eine Neubesinnung einsetzte, verbunden mit einem Rückgang an gewährten Eheauflösungen, wurde durch die letzte Instruktion der Glaubenskongregation die junge Tradition dieser Eheauflösungen anerkannt, aber es wurden einige Einschränkungen vorgenommen. Diese Instruktion nennt zahlreiche Bedingungen, die zur Erteilung einer Dispens erforderlich sind:

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  • Fehlen der Taufe bei zumindest einem der beiden Ehepartner während der Dauer der ersten Ehe,

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  • Nichtvollzug der Ehe in dem Fall, daß sich in einer halbchristlichen Ehe auch der zweite Partner hat taufen lassen (es handelt sich dann eigentlich um ein Nichtvollzugsverfahren38),

58

  • Sicherstellung der Freiheit des katholischen Partners zur Glaubensausübung in der zweiten Ehe sowie Sicherstellung der katholischen Taufe der Kinder in der zweiten Ehe (vgl. die Kautelen bei der religions- bzw. konfessionsverschiedenen Ehe: c. 1125),

59

  • Vorliegen einer radikalen und unheilbaren Zerrüttung der ersten Ehe,

60

  • Ausschluß der Erregung eines Ärgernisses durch die Gewährung der Dispens,

61

  • Ausschluß der Schuld des bittstellenden Partners und des neuen zweiten Ehepartners am Zerbrechen der ersten Ehe,

62

  • Befragung des anderen Partners der ersten Ehe,

63

  • Sicherstellung der religiösen Erziehung der Kinder aus der ersten Ehe durch den Bittsteller,

64

  • Sicherstellung der Versorgung des verlassenen Ehepartners und der Kinder aus der ersten Ehe,

65

  • Ausübung des katholischen Glaubens durch den neuen Ehepartner,

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  • Vorhandensein moralischer Sicherheit über den Empfang der Taufe für den Fall, daß der neue Ehepartner ein Katechumene ist und die Taufe nicht abgewartet werden kann.

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Zur Auflösung in Betracht kommen auch Ehen zwischen einem Katholiken und einem Ungetauften, die mit Dispens vom Hindernis der Religionsverschiedenheit geschlossen wurden, falls

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  • nachgewiesen wird, daß der Katholik in erster Ehe aufgrund der örtlichen Umstände keine Ehe mit einem Katholiken hatte eingehen können,

69

  • der Katholik nicht wieder einen Ungetauften heiraten will,

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  • die erste Ehe nicht schon durch eine Eheauflösung durch den Papst ermöglicht wurde.

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Eine Eheauflösung wird allgemein leichter gewährt, wenn Zweifel an der Gültigkeit der Ehe bestehen. Das Verfahren zur Erlangung einer solchen Dispens ist vergleichbar dem oben beschriebenen Nichtvollzugsverfahren.39 Der Bittsteller richtet sein Gesuch an den Papst, faktisch an den Diözesanbischof seines Wohnsitzes. Dieser ernennt Richter, Ehebandverteidiger und Notar. In der Untersuchung werden Parteien und Zeugen befragt. Zunächst wird geklärt, ob die ersten drei der oben genannten Bedingungen erfüllt sind, danach werden die anderen Bedingungen überprüft. Nachdem der Ehebandverteidiger Stellung genommen hat, erstellt der Bischof ein Gutachten, das auf die einzelnen Bedingungen eingeht. Dann werden die Akten an die Glaubenskongregation übersandt, die den Fall überprüft, eventuell weitere Beweiserhebungen anordnet und gegebenenfalls dem Papst die Ehe zur Auflösung vorschlägt. Dieser bleibt in seiner Entscheidung frei, denn auch das Privilegium Petrinum ist ein Gunsterweis. Dementsprechend gibt es keinen Rechtsanspruch darauf. Wird die Eheauflösung gewährt, so wird dies den beiden Partnern über den Diözesanbischof mitgeteilt. Die Auflösung wird auch in das Tauf- und Ehebuch eingetragen.

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7. Die Auflösung der Ehe nach dem Privilegium Paulinum

Die Eheauflösung nach dem Privilegium Paulinum wird auf die oben angeführte Regelung des Apostels Paulus zurückgeführt. Daher ist diese Form der Eheauflösung die älteste und steht dennoch in diesen Ausführungen nach den anderen Möglichkeiten der Eheauflösung und wird nur der Vollständigkeit halber behandelt. Das liegt daran, daß das Privilegium Paulinum nichts direkt mit der potestas vicaria des Papstes zu tun hat. Nicht nur muß hierbei kein Antrag an den Papst gerichtet werden, sondern die erste Ehe wird durch das Eingehen einer neuen Ehe seitens des Bittstellers aufgelöst. Im Gegensatz zum Privilegium Petrinum ist das Privilegium Paulinum im CIC geregelt (cc. 1143-1147).40

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Das Privilegium Paulinum ist anwendbar auf Ehen von Ungetauften, bei denen sich höchstens einer der beiden Partner taufen läßt und der andere Partner daraufhin das weitere Zusammenleben verweigert bzw. zumindest nicht fortsetzt ohne Störung des neugewonnenen Glaubens des Getauften. Zudem darf der Getaufte keinen Anlaß zum Zerbrechen der Ehe gegeben haben. Die Kirche stellt dann nur das Vorliegen der nötigen Voraussetzungen fest. Das geschieht auf dem Verwaltungsweg. Der nichtgetaufte Partner ist zu befragen, ob er sich auch taufen lassen will und wenn nein, ob er bereit ist, mit dem Neugetauften weiterhin zusammenzuleben ohne Störung von dessen Religionsausübung. Diese Interpellation genannte Befragung wird vom Ortsordinarius des zu Befragenden durchgeführt. Dem zu Befragenden kann eine Bedenkzeit eingeräumt werden, nach deren ungenutztem Verstreichen eine negative Antwort angenommen wird. Auch eine Befragung durch den getauften Partner ist möglich und gültig, erlaubt jedoch nur, wenn die Befragung durch den Ortsordinarius nicht möglich ist. Das Ergebnis der Befragung muß nachgewiesen werden können. Von der Befragung kann jedoch auch dispensiert werden. Bei einem negativen Ergebnis der Befragung oder bei deren rechtmäßigem Unterlassen hat der Neugetaufte das Recht, eine neue Ehe einzugehen. Das wird ihm bescheinigt. Er hat zunächst nur das Recht, eine Ehe mit einem Katholiken einzugehen, doch kann der Ortsordinarius eine Ausnahme davon erlauben. Dann sind die Vorschriften über die Mischehen einzuhalten. Durch das Eingehen der neuen Ehe wird automatisch das Band der alten Ehe gelöst. Davon ist der andere Ehepartner der ersten Ehe in Kenntnis zu setzen, damit auch er wieder frei ist zur Eingehung einer neuen Ehe. Aufgrund der Tatsache, daß das Glaubensprivileg die Rechtsgunst genießt (c. 1150), kann das Privilegium Paulinum sogar dann angewendet werden, wenn es hinsichtlich seiner Anwendbarkeit Zweifel gibt, sofern nur feststeht, daß die Ehe keine sakramentale war. Die Rechtsgunst des Glaubensprivilegs steht damit noch über der Rechtsgunst der Ehe (c. 1060).

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8. Die Grenzen päpstlicher Lösegewalt

Die bisherigen Ausführungen haben zweierlei gezeigt: Zum einen hat es in der Geschichte eine allmähliche Ausweitung der Möglichkeiten von Eheauflösung gegeben. Zum anderen scheint die Kirchenrechtsgeschichte diesbezüglich an einem Punkt angekommen zu sein, wo die Kirche meint, nicht mehr weiterschreiten zu können. Als einzige Form der Ehe, die die Kirche als absolut unauflöslich ansieht, bleibt die gültige und vollzogene sakramentale Ehe. Für den status quo muß gesagt werden, daß die Aussage des Codex dazu eindeutig ist: "Die gültige und vollzogene Ehe kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden." (c. 1141) Abgesehen von dem Denkansatz, daß es sich bei der potestas vicaria des Papstes nicht um eine menschliche Gewalt handelt, sondern um eine göttliche, die die Ehen auflöst, so daß die päpstliche Lösegewalt eventuell gar nicht unter diesen Canon fällt, muß gesagt werden: Nicht zum ersten Mal ist die Kirche an einem Punkt angekommen, wo sie keine Möglichkeit des Weiterschreitens sieht. Besonders die Auflösung der Ehen zweier Ungetaufter nach dem Privilegium Petrinum war für unmöglich erachtet worden, da die Kirche keine Gewalt über Ungetaufte besitze, bis der Papst tatsächlich solche Auflösungen vornahm.41 So kann man mit Recht mit Rudolf Weigand sagen:

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"Könnte sich nicht herausstellen, dass noch in anderen Fällen, auch bei vollzogener Ehe, die Päpste diese Möglichkeit [sc. zur Eheauflösung] haben? Zumal mindestens die Auflösung einer vollzogenen Ehe durch Papst Coelestin III. und die Duldung einer zweiten Ehe (durch Alexander III.) sicher feststeht. (...) Wenn man die Entwicklung der dispensatorischen Auflösung des Ehebandes und der Dispens vom Gelübde betrachtet und miteinander vergleicht, so fällt auf, dass in beiden Fällen die Kanonisten lange sehr zurückhaltend waren und nur nach vielem Zögern die entsprechende päpstliche Vollmacht anerkannten. In letzterem Falle wird aber heute schon gelehrt, dass die Dispens von einem Gelübde in Wirklichkeit kein eigentlich konstitutiver Akt sei, sondern nur ein deklaratorischer. (...) Wäre nicht in Bezug auf die Ehe eine ähnliche Weiterentwicklung denkbar? (...) Dem Verfasser erscheint es jedenfalls nicht unmöglich, dass sich die Forderung Christi [sc. das Scheidungsverbot] primär auf das sittliche Verhalten bezieht und sie nicht unbedingt in der bisherigen Form in die rechtliche Ebene transponiert werden muss (...), genauso wenig, wie es mit anderen Forderungen Christi geschah (z. B. Schwurverbot)."42

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Trotz der für heute eindeutigen rechtlichen Lage bleibt es der Kanonistik damit aufgetragen, weiterzusuchen nach Möglichkeiten der Reaktion auf das Leid der Menschen, die oft unverschuldet sich mit dem Zerbrechen ihrer Ehe konfrontiert sehen und denen eventuell mit keiner der bisherigen Möglichkeiten zu einer neuen kirchlichen Eheschließung verholfen werden kann. Hier ist nicht Raum, um die verschiedenen Ansätze einer Pastoral an Wiederverheirateten und eines darauf reagierenden Kirchenrechts43 zu diskutieren, aber die Not der Menschen gibt den bleibenden Auftrag vor, getreu dem Grundsatz: "salus animarum suprema semper lex" (vgl. c. 1752).

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1 Papst Johannes Paul II., Ansprache zur Eröffnung des Gerichtsjahres der Rota Romana vom 21. Januar 2000, deutsch in: L'Osservatore Romano deutsch, Wochenausgabe vom 18. Februar 2000, 8f. Hier: Abs. 6.

2 Ebda. Abs. 8.

3 Ebda. Vgl. Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben "Familiaris consortio", 20; Katechismus der Katholischen Kirche, 1650.

4 "Der Papst handelt in diesem Falle an Gottes Statt, als Stellvertreter Gottes, nicht kraft einer ihm von Gott anvertrauten Vollmacht. Der Handelnde ist Gott selbst, auch wenn er sich seines Stellvertreters auf Erden bedient. Der Papst ist nicht der eigentlich Handelnde, auch wenn er als Stellvertreter Gottes das Wirken Gottes durchführt, ja als Instrument Gottes über Gewährung und Nichtgewährung entscheidet": Heinz-Meinolf Stamm, Das Verfahren zur Erlangung der Dispens von der nichtvollzogenen Ehe. In: De processibus matrimonialibus 5 (1998), 75-85; hier: 77.

5 Pieter Huizing, Die Kirchenordnung. In: Mysterium salutis Band IV/2, 156-183; hier: 163.

6 Vgl. zur Dispensgewährung insgesamt cc. 85-93.

7 Zu den Privilegien s. cc. 76-84.

8 Vgl. z. B. Hans Heimerl; Helmuth Pree, Kirchenrecht. Allgemeine Normen und Eherecht. Wien, New York 1983. 72. Weiterhin zu unterscheiden von der Dispens sind Erlaubnis und mündlich gewährter Gnadenerweis (c. 59 § 2).

9 Vgl. z. B. Heimerl / Pree, 260, dort verbunden mit der Frage, ob die Terminologie ein redaktionelles Versäumnis sei.

10 So z. B. bei Ulpian: "Nuptias non concubitus, sed consensus facit." (D 50, 17, 30) Vgl. Ambrosius mit seiner Schrift "De institutione virginis": "(...) non enim defloratio virginitatis facit coniugum, sed pactio coniugalis." (C. 6 n. 41 [PL 16, 316]).

11 Vgl. aber die ebenso kategorisch wie der markinische Text formulierte Parallelstelle Lk 16, 18!

12 Die nachfolgenden Ausführungen folgen: Th. A. G. van Eupen, Die Unauflöslichkeit des Ehebandes - eine einstimmige Tradition? In: Pieter Huizing, Für eine neue kirchliche Eheordnung. Ein Alternativentwurf. Düsseldorf 1975. 27-40; hier: 29ff.

13 Kan. 9, DH 117.

14 Die nachfolgenden Ausführungen folgen u. a.: Ulrich Mosiek, Die absolute Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe und die Scheidung kirchlich gültiger Ehen. In: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 10 (1959), 121-131, hier: 124ff.; Rudolf Weigand, Das Scheidungsproblem in der mittelalterlichen Kanonistik. In: Theologische Quartalschrift 151 (1971), 52-60.

15 S. Weigand, 56.

16 Vgl. Karl August Fink, Frühe urkundliche Belege für die Auflösung des matrimonium ratum non consumatum durch päpstliche Dispensation. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Kanonistische Abteilung 46 (1960), 434-442.

17 Weigand, 60.

18 Albert Hopfenbeck, Privilegium Petrinum. Eine rechtssprachliche und rechtsbegriffliche Untersuchung. St. Ottilien 1976. 17f.

19 James A. Coriden; Thomas J. Green; Donald E. Heintschel, The Code of Canon Law. A Text and Commentary. New York 1985. 1017.

20 Vgl. auch die Litterae circulares der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung vom 20. Dezember 1986 als Spezialnorm (in: Monitor Ecclesiasticus 112 [1987], 423-434), auf die c. 1384 CCEO hinweist, anstatt ein eigenes formelles Recht zu bieten.

21 Vgl. Anm.

22 Vgl. auch das entsprechend formulierte Hindernis der impotentia coeundi (c. 1084 § 1).

23 Vgl. Stamm, 79.

24 Die nachfolgenden Ausführungen folgen Stamm, 80ff.

25 Das oben (Anm. ) erwähnte Rundschreiben der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung nennt als schwierige Fälle: ausschließlicher ehelicher Verkehr mit coitus interruptus oder Empfängnisverhütungsmitteln, fehlende Ejakulation, Empfängnis durch Absorption des Spermas, künstliche Befruchtung, Vorhandensein von Kindern aus der Beziehung, Ehevollzug auf nicht menschliche Weise, Gefahr des Skandals oder finanzieller Nachteile bei der Eheauflösung (s. Martha Wegan, Ehescheidung möglich? Auswege mit der Kirche. Mit praktischen Hinweisen. Graz, Wien, Köln 1993. 263).

26 Reinhold Sebott, Das neue kirchliche Eherecht. Frankfurt a. M. 21990. 236.

27 Wegan, 259.

28 Solche Bedingungen können z. B. sein (Wegan, 266f.): ärztliche Untersuchung vor der Ehe, Durchführung einer gynäkologischen Operation, Einholen eines psychiatrischen Gutachtens, Ablegen eines Versprechens vor dem Diözesanbischof bezüglich des Ehevollzugs, Vollzug der Ehe auf natürliche Weise, finanzielle Unterstützung des getrennten Partners aus der ersten Ehe, erneute Eheschließung nur in einem (anderen) Land, in dem dadurch kein Aufsehen erregt wird.

29 Vgl. Wegan, 267.

30 Angaben nach: Annuarium statisticum ecclesiae. Rom 1999. 469.

31 Die nachfolgenden Ausführungen folgen Hopfenbeck, 40ff., was immer noch ein Standardwerk zum Privilegium Petrinum darstellt.

32 Wegan, 250, spricht davon, daß es zu ersten derartigen Eheauflösungen schon im 19. Jh. kam.

33 Hopfenbeck sieht den Rückgriff auf die potestas vicaria kritisch und meint: "Allen diesen Erklärungsversuchen bleibt es aufgegeben (...), zu erklären: 1. Wie sich diese Eheauflösungen mit dem unbedingten Nein Jesu zu Ehescheidung und -trennung vereinbaren lassen, und 2. warum diese ‚plenitudo apostolicae potestatis' dennoch nicht ‚plena' ist, sondern gerade die Auflösung der sakramentalen vollzogenen Ehe ausschließt." (46) Insbesondere dem zweiten Punkt dabei kommt besondere Bedeutung zu für eine stringente Begründung der Tatsache, daß sich die Kirche nach wie vor nicht in der Lage sieht, solche Ehen aufzulösen; hier ist für die zukünftige Entwicklung des Eherechts weiterzuarbeiten.

34 Hopfenbeck, 48. Der Autor führt 48-52 andere Konzeptionen an.

35 Richard Puza, Katholisches Kirchenrecht. Heidelberg 21993. 394f.

36 Hopfenbeck, 53.

37 Veröffentlicht auf deutsch in: Wegan, 295-297.

38 Ein Nichtvollzugsverfahren ist dann notwendig, wenn der bittstellende Partner den Namen des neuen Partners noch nicht nennen kann, wie dies beim Verfahren nach dem Privilegium Petrinum erforderlich ist (vgl. Wegan, 257).

39 Die nachfolgenden Ausführungen folgen: Wegan, 256; Günter Assenmacher, Die Eheverfahren. In: Joseph Listl, Heribert Schmitz (Hgg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Regensburg 21999. 1187-1208, hier: 1205f.

40 Die nachfolgenden Ausführungen folgen Heimerl / Pree, 260-263.

41 S. Hopfenbeck, 167. Vgl. ebda. Fn. 488.

42 Rudolf Weigand, Unauflöslichkeit der Ehe und Eheauflösungen durch Päpste im 12. Jahrhundert. In: Revue de droit canonique 20 (1970), 44-64, hier: 63f.

43 Vgl. dazu z. B. Puza, 398-408.