Salvatore Berlingo, Diritto canonico
Torino: Giappichelli Editore 1995. 235 S. Lit. 32.000
Das Buch ist eine Einführung in das kanonische Recht. Es umfaßt insgesamt vier Kapitel: Das Problem der (Rechts-)Ordnung (I), die Geschichte der Quellen des Kirchenrechts (II), die Einrichtungen (Institute) und die Gestalt des Kirchenrechts (III) und die Ämter und die Rechtsorgane (IV). Es steht dabei unter dem Motto von Mk 2, 27f.: "Der Sabbat ist für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat. Daher ist der Menschensohn auch Herr des Sabbats." |
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Berlingo stellt im ersten Kapitel die Grundlagen des Kirchenrechts dar. Seine Arbeit steht in der Tradition der Schule der italienischen Laienkanonistik, weist aber darüber hinaus. Kirchenrecht ist wirkliches Recht (vero diritto), aber nicht ein abgeleitetes oder imitiertes Produkt des weltlichen Rechtes (oder präziser des römischen Rechtes), auch nicht Recht im analogen Sinn (gemeint ist hier ein Recht minderer Stufe oder im uneigentlichen Sinn, Frucht einer analogia attributionis), es ist, im Gegenteil, ein originales oder typisches Recht (originale o tipico) mit eigenen Besonderheiten, wirklich Recht im eigentlichen Sinn (die Scholastiker würden dazu den Begriff der analogia proportionis verwenden). Die Begegnung von Kirche und Recht ist aIso nicht durch irgendein weltliches Modell vermittelt, sie realisiert sich direkt auf der Ebene der prime ragioni des Rechtsphänomens. Das heißt mit anderen Worten, daß das Kirchenrecht Rechtsordnung ist (ordinamento), aber nicht auf irgendein anderes Rechtsmodell reduziert werden kann, weil seine Basis das göttlich geoffenbarte Recht (diritto divine rivelato) ist, in dem die Spannung zwischen dem Gesetz der Autorität und der Freiheit des Menschen maximiert ist. Wesentlicher Bestandteil ist die Elastizität des Kirchenrechts. |
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Breiter Platz ist dem göttlichen Recht gewidmet. Dabei zeigt sich, daß die Lehre der italienischen Laienkanonisten von der Kanonisierung des göttlichen Rechts inzwischen weiterentwickelt worden ist. |
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Typische Kennzeichen des Kirchenrechts sind dessen Dynamik (dinamicità), seine Offenheit (opertura) und sein Zusammenhang (coesione). Bei den Rechtsquellen (Kap. II) wird traditionell zwischen Rechtserzeugungs- und Rechtserkenntnisquellen unterschieden. Zu letzteren zählen auch die Heilige Schrift und die kirchliche Tradition sowie das Lehramt. Die schriftlichen Rechtserkenntnisquellen des göttlichen Rechts finden sich in den Büchern des Alten und Neuen Testaments. Die schriftlichen Erkenntnisquellen des kanonisch-kirchlichen Rechts nehmen ihren Ausgang im Konzil von Trient und in der offiziellen Ausgabe des Corpus Iuris Canonici durch Gregor XIII. 1582. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Rechtsquellen geht bis zum Codex von 1983, der Kurienreform und bezieht auch die Rechtsnormen der Bischofskonferenzen ein. |
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Das dritte Kapitel beginnt mit den Rechtsnormen und Rechtsakten. Dargestellt werden der Gesetzesbegriff und einzelne damit zusammenhängende Fragen (bis hin zur Kanonisierung des weltlichen Rechts und zum Gewohnheitsrecht sowie zur Interpretation). Reskript, Dispens und Privileg gehören dazu. Dann folgt eine Darstellung der physischen und juristischen Personen in der Kirche, der Leitungsgewalt und des Ämterrechts. |
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Das letzte Kapitel beginnt mit der Frage nach den Grundrechten in der Kirche. Die Rechtsstellung der Laien und deren Aufgabe in Kirche und Welt werden behandelt. Dann folgt eine Darstellung des Klerikerrechts und der Rechte und Pflichten der Ordensleute. Am Schluß steht ein kurzer Überblick über die hierarchischen Instanzen. |
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Die einzelnen Kapitel werden durch ausführliche Literaturverzeichnisse, die auch deutschsprachige Literatur umfassen, ergänzt. So ist es möglich, die dargestellten Fragen und Probleme anhand der Literatur zu überprüfen bzw. weiterzuführen. |
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Die besondere Stärke des Buches ist die rechtliche und theologische Einführung. So ist es möglich, die Entwicklung in der italienischen Kanonistik, die sich durch regere Diskussion und Hinwendung zu aktuellen Problemen kennzeichnet, als dies in der deutschen Kanonistik der FaIl ist, zu verfolgen. Durch zahlreiche Hinweise auf ausländische Literatur ist die Arbeit aber auch gut in die internationale kanonistische Diskussion eingebettet. Sie sollte in keiner deutschen juristischen und theologischen Bibliothek fehlen. |
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Richard Puza |