09. August 2001

Bundesverfassungsgericht: Pressemitteilung Nr. 83/2001 vom 9. August 2001

Verfassungsbeschwerde gegen Bayern in Sachen Lebenspartnerschaftsgesetz erfolglos

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde (Vb) von 26 homosexuellen Paaren gegen den Freistaat Bayern nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführer (Bf) sahen sich dadurch in ihren Grundrechten verletzt, dass der Freistaat Bayern bisher keine Ausführungsvorschriften für das Lebenspartnerschaftsgesetz erlassen hat.

Der gleichzeitig von den Bf gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat sich durch den Nichtannahme-Beschluss erledigt.

Zur Begründung der Entscheidung führt die Kammer im wesentlichen aus: Es kann dahin gestellt bleiben, ob mit der Vb überhaupt ein gesetzgeberisches Unterlassen unter Hinweis auf die im Wege der Verfassungsinterpretation aus den Grundrechten herzuleitenden Schutzpflichten gerügt werden kann. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, hätte die Vb keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht kann im Rahmen einer Vb, die auf eine aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete Schutzpflicht gestützt wird, jedenfalls erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber diese Pflicht evident verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung des Freistaats Bayern ist nicht erkennbar. Weder die Bayerische Staatsregierung noch der Bayerische Landtag sind gänzlich untätig geblieben. Dem Bayerischen Landtag liegt ein Gesetzentwurf der SPD Landtagsfraktion vor, über den noch nicht abschließend beraten worden ist. Die Bayerische Staatsregierung hat am 31. Juli 2001 den Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes beschlossen und am selben Tage dem Bayerischen Landtag zugeleitet. Dass in Bayern das Lebenspartnerschaftsgesetz später als in den meisten anderen Bundesländern zur Ausführung gelangt, begründet - eine Pflicht des Landesgesetzgebers zum Handeln unterstellt - noch keine evidente Pflichtverletzung.

Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber eine etwaige Handlungspflicht unterlaufen und die durch das Lebenspartnerschaftsgesetz eingeräumten Rechtspositionen den Betroffenen über einen längeren Zeitraum vorenthalten wolle, bestehen nicht. Die Bayerische Staatsregierung hat zunächst darauf gehofft, das In-Kraft-Treten des von ihr für verfassungswidrig erachteten Gesetzes durch ihren zulässigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht zumindest hinausschieben zu können. Ein landesgesetzgeberisches Handeln wäre damit vorläufig nicht erforderlich gewesen. Nach Erfolglosigkeit dieses Antrags verhindert derzeit die im Juli eingetretene Sommerpause des Landesparlaments die Beratung der bereits in den Landtag eingebrachten Ausführungsgesetzentwürfe. Von der Einberufung des Landtags zu einer Sondersitzung konnte abgesehen werden, zumal eine Sitzung ohnehin nicht ausreichte, um ein Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß durchführen zu können. Nach Einschätzung der Bayerischen Staatsregierung erscheint eine zeitliche Perspektive für das In-Kraft-Treten des Gesetzes Ende Oktober 2001 durchaus realistisch. Erfolgt das Gesetzgebungsverfahren in diesem zeitlichen Ablauf, entspräche dies unter den gegebenen Umständen sogar dem Begehren der Bf nach einem schnellstmöglichen Handeln, das ihnen die Eintragung ihrer Lebenspartnerschaft ermöglicht.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die Träger hoheitlicher Gewalt sind zur Gleichbehandlung nur in ihrem Zuständigkeitsbereich verpflichtet.

Beschluss vom 9. August 2001 - Az. 1 BvR 1262/01

Karlsruhe, den 9. August 2001