Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts
Nr. 23/1996 vom 18. Juli 1996
Keine Katholische Volltheologie als Studiengang an der Universität Frankfurt
Die an ein bestimmtes Bekenntnis gebundene Ausbildung von Volltheologen an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt bedarf des Einverständnisses der betroffenen Kirche. Mit dieser Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht einer Klage des Bischofs von Limburg gegen die ministerielle Zustimmung zur Einrichtung eines Diplomstudienganges Katholische Theologie zum rechtskräftigen Erfolg verholfen.
An der genannten Universität war Katholische Theologie ursprünglich nur im Rahmen der Ausbildung von Religionslehrern im damaligen bikonfessionellen Fachbereich Religionswissenschaften angeboten worden. Auf lang zurückreichende Bemühungen hin genehmigte der hessische Wissenschaftsminister zum Wintersemester 1983/84 die Ausweitung der Lehrtätigkeit des Fachbereichs auf die Volltheologie im Diplomstudiengang. Dieser Abschluß wurde von der Deutschen Bischofskonferenz nicht anerkannt. Bedenken gegen die Einführung eines solchen Studienganges im Rahmen eines bikonfessionellen Fachbereichs führten später dazu, daß ein selbständiger Fachbereich Katholische Theologie eingerichtet wurde. Gegen den abermaligen Widerspruch der Kirche wurde 1988 der Diplomstudiengang als Neueinrichtung in diesem Fachbereich weitergeführt. Die Zustimmung des Ministers war Gegenstand der Klage des Bischofs, die in der Berufungsinstanz vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Erfolg hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen des Ministers und der Universität gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, daß die Einführung eines solchen Studienganges an einer Universität zwar auch eine staatliche Angelegenheit sei. Der Staat habe die Wissenschaftsfreiheit zu schützen und nach der Hessischen Landesverfassung insbesondere auch den Auftrag, die Theologie als Wissenschaftsdisziplin zu fördern. Nach dem Vorbringen des Bischofs zum kirchlichen Selbstverständnis müsse dieser Organisationsakt jedoch ebenso als eine Angelegenheit der Kirche angesehen werden. Er berühre nämlich die Struktur der Theologenausbildung an kirchlichen und staatlichen Einrichtungen, die in ihrer Gesamtheit Angelegenheit der Kirche sei und an staatlichen Hochschulen auch als Aufgabe für die Kirchen wahrgenommen werde. Zu beachten sei daher neben der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz) das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirche, wonach jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ordnet und verwaltet (Art. 140 Grundgesetz, Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung). Das Spannungsverhältnis sei durch Abwägung in der Weise aufzu- lösen, daß die Einrichtung von Studiengängen, die der Ausbildung von Volltheologen dienten, hier nicht ohne Einverständnis der Kirche erfolgen dürfe. Insoweit sei ausschlaggebend, daß die bekenntnisgebundene Theologenausbildung nach dem Selbstverständnis der Kirche ein zentrales Anliegen der Bekenntnisgemeinschaft sei. Dem müsse schon bei der Entscheidung über die Einrichtung dieses Ausbildungsganges Rechnung getragen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat offen gelassen, was die Kirche in einem solchen Falle zur Begründung der Verweigerung ihres Einverständnisses darlegen muß, insbesondere dazu, worin sie im einzelnen eine Beeinträchtigung in ihren eigenen Angelegenheiten sieht. Im entschiedenen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die Begründung der Kirche als ausreichend angesehen. Sie hatte geltend gemacht, daß sich schon die Einrichtung des Diplomstudienganges auf ihre knappen Personalressourcen bei habilitierten Theologen und damit auf die Qualität der Lehre auswirke.
BVerwG 6 C 10.94 - Urteil vom 18. Juli 1996