Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9/96 vom 1.3.1996
Vergütung von kirchlichen Mitarbeitern aus dem Beitrittsgebiet bei Tätigkeit im ehemaligen Westberlin
Die im ehemaligen Westberlin wohnende Klägerin war seit 1979 bei der Berliner Missionsgesellschaft tätig. Mit der Zusammenführung der beiden evangelischen Landeskirchen in Berlin-Brandenburg (1. Januar 1991) wurde das Arbeitsverhältnis auf das Berliner Missionswerk, einer unselbständigen Untergliederung der Beklagten, überführt. Das Missionswerk unterhält Dienstgebäude in beiden ehemaligen Teilen Berlins. Seit dem 1. September 1991 wurde die Klägerin in einem Dienstgebäude im ehemaligen Westberlin beschäftigt.
Sie hat verlangt, nach den dort geltenden tariflichen Bestimmungen vergütet zu werden. Die Beklagte hat dies abgelehnt und die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe nur der niedrigere Lohn nach der im ehemaligen Ostberlin geltenden Vergütungsregelung zu. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision hatte die Beklagte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat durch das die Zusammenführung der beiden Kirchenregionen regelnde Kirchengesetz, nach dem das geltende kirchliche Recht in seinem bisherigen Geltungsbereich in Kraft bleibt, die Landeskirche in Berlin-Brandenburg in eine Region Ost und eine Region West aufgeteilt, und zwar auch vergütungsrechtlich. Durch die Tarifvertragsordnung vom 16. November 1991 und durch den zwischen einem Teil West und einem Teil Ost unterscheidenden Vergütungstarifvertrag hat sie diese Teilung für die Zeit ab 1. Januar 1992 aufrechterhalten. Bei dieser Sachlage ist die Beklagte verpflichtet, der auf nicht absehbare Zeit in der Region West beschäftigten Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung den dort gültigen Lohn zu zahlen. Der Senat hat auf sein Urteil vom 30. Juli 1992 - 6 AZR 11/92 - (sog. Posturteil) verwiesen. Eine Zusatzvereinbarung zum Vergütungstarifvertrag, nach der der Klägerin aufgrund der Zuweisung des Arbeitsplatzes in der Region West nur ein Teil des Vergütungsunterschieds als Zulage zustand, war zugunsten der Klägerin verfassungskonform auszulegen.
Urteil vom 29. Februar 1996 - 6 AZR 424/95
Vorgehende Entscheidung: LAG Berlin, Urteil vom 28. April 1995 - 6 Sa 11/95