Das Konkordat 1933/34 und seine allgemeine Bedeutung für das österreichische Religionsrecht
DOI:
https://doi.org/10.5282/nomokanon/288Abstract
Konkordate und Kirchenverträge sind als spezielle Regelungen für einzelne Kirchen und Religionsgesellschaften im demokratischen Rechtsstaat Ausdruck eines Systems der Kooperation von Staat und Religionsgemeinschaften. Dabei zeigt sich das charakteristische Phänomen der Vorbildwirkung von Regelungen für die traditionell dominierende Kirche, wodurch dem Religionsrecht eine landesspezifische Prägung verliehen wird. Auf diese Weise ist es in Österreich auf der Grundlage des Paritätsprinzips gleichsam zu eine mittelbaren Geltung auch des Konkordats 1933/34 für alle gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften gekommen. Das Konkordat muss daher im Kontext des gesamten Religionsrechts gesehen werden, was bei der immer wieder öffentlich geäußerten Kritik oft vergessen wird. Im zweiten Dezennium des 21. Jahrhunderts zeichnet sich allerdings eine gewisse Umkehr ab, da insbesondere islamische Gemeinschaften zunehmend unter den Druck „staatskirchenhoheitlicher“ Aufsicht geraten. Inwieweit es dadurch zu einem paritätsrechtlichen Spill-over kommen wird oder zu einer zwischen den Religionsgemeinschaften differenzierenden In-Frage-Stellung der religiösen Neutralität des Staates ist eine offene Frage. Beide Optionen stellten jedoch letzten Endes eine Abkehr vom im 20. Jahrhundert ausgebauten österreichischen Religionsrecht dar, das ohne das Konkordat 1933/34 nicht gedacht werden kann.