Bundesverwaltungsgericht: Pressemitteilung Nr. 44/2002 vom 27. November 2002
Bundesverwaltungsgericht bestätigt Verbot des Vereins "Kalifatsstaat"
Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom 8. Dezember 2001 fest, dass sich der unter Führung von Metin Kaplan stehende "Kalifatsstaat" gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die Vereinigung wurde verboten und aufgelöst. Das Verbot wurde auf eine Reihe von Vereinigungen als Teilorganisationen des "Kalifatsstaats" erstreckt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot in erster und letzter Instanz bestätigt. Religionsgemeinschaften können jedenfalls dann verboten werden, wenn sie sich in kämpferisch-aggressiver Weise gegen die Demokratie, den Rechtsstaat oder die Verbürgung der Menschenwürde als Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richten. Der "Kalifatsstaat" ist danach zu Recht verboten worden. Er versteht sich als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt unter der Führung des Kalifen, dessen Grundlage ausschließlich der Wille Allahs ist und der als solcher mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Der "Kalifatsstaat" beansprucht für sich - im Unterschied zu anderen Religionsgemeinschaften - das Recht zu legitimer Gewaltanwendung auch in Deutschland. Dies ergibt sich aus Verlautbarungen des "Kalifatsstaats" und wird insbesondere durch die vom Oberlandesgericht Düsseldorf im November 2000 als öffentliche Aufforderung zu Straftaten abgeurteilten Tötungsaufrufe der Führung des "Kalifatsstaats" gegen einen "falschen Kalifen" bestätigt. In die gleiche Richtung weisen diffamierende Äußerungen etwa über türkische Politiker und Juden, die überdies von einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren Intoleranz geprägt sind. Der Befürchtung, dass Mitglieder des "Kalifatsstaats", gestützt auf dessen Selbstverständnis, ihre Vorstellungen mit Gewalt und auch im Widerstand zur deutschen Staatsgewalt durchsetzen, konnte nicht mit milderen Mittel als dem Verbot der Vereinigung begegnet werden.
Die Klagen islamischer Vereinigungen in Blumberg, Bad Kreuznach und Braunschweig gegen ihre Einbeziehung in das Verbot des "Kalifatsstaats" sind ohne Erfolg geblieben. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat gezeigt, dass das Bundesministerium des Innern diese Vereinigungen zu Recht als Teilorganisationen des "Kalifatsstaats" angesehen hat.
Urteile vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 1.02, 6 A 3.02, 6 A 4.02 und 6 A 9.02