Bundesverwaltungsgericht: Pressemitteilung Nr. 28 vom 20.07.1999
Bundesverwaltungsgericht überprüft die Verurteilung des Landes Berlin zur Gestattung islamischen Religionsunterrichts
Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin zugelassen, durch welches das Land Berlin verpflichtet worden ist, eine islamische Vereinigung als Religionsgemeinschaft anzuerkennen und ihr nach weiterer Überprüfung der eingereichten Lehrpläne zu erlauben, an den Schulen des Landes islamischen Religionsunterricht zu erteilen. Die zuständige Senatsverwaltung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, die Vereinigung sei keine Religionsgemeinschaft im Sinne des Berliner Schulgesetzes. Denn der Islam sei keine homogene Glaubensgemeinschaft; es genüge nicht, sich auf den Koran oder die Sunna zu berufen und im übrigen zuzulassen, daß die Vereinsmitglieder, die im übrigen nur einen geringen Bruchteil der Berliner Muslime darstellten, weiterhin Anhänger unterschiedlicher islamischer Glaubensrichtungen blieben; schließlich sei auch die Kompetenz des Imam nicht geregelt.
Die hiergegen erhobene Klage hat das erstinstanzliche Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat dagegen entschieden, der Begriff der Religionsgemeinschaft erfordere es nicht, daß ein solcher religiöser Zusammenschluß sich streng zu einer bestimmten Glaubensrichtung innerhalb des Islam bekenne und von anderen abgrenze; eine Religionsgemeinschaft sei nur dann von der Erteilung des Religionsunterrichts an den Berliner Schulen ausgeschlossen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, daß ihre Vertreter die schulrechtlichen Grundsätze für den Unterricht und ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen nicht respektierten.
Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Der Rechtsstreit gebe Gelegenheit zur Klärung, ob und wieweit staatskirchenrechtliche Bestimmungen des Grundgesetzes Auswirkungen auf den durch das Berliner Schulgesetz den Religionsgemeinschaften gewährten Anspruch auf Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen haben und wie der Begriff der Religionsgemeinschaft in Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG mit Rücksicht auf die Gewährleistung der religiösen Vereinigungsfreiheit auszulegen ist.
Eine Entscheidung ist in der 1. Hälfte des nächsten Jahres beabsichtigt.
Entscheidung vom 15.07.1999 - 6 B 21.99